Kreis und quer:Auf den Spuren von Strauß und Stoiber

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Florian Hahn darf sich künftig als stellvertretender Generalsekretär der CSU profilieren - und dabei Dinge sagen, für die es in anderen Positionen Haue geben würde

Kolumne von Martin Mühlfenzl

Das wirklich Geile am Job eines Generalsekretärs ist ja, dass man unter Applaus Sachen sagen kann, für die es daheim eher eine Trumm Watschn geben würde. Markus Söder etwa hat 2007 über die einstige Fürther Landrätin Gabriele Pauli geätzt, diese sei die Tatjana Gsell der CSU. Das war ebenso frech wie hinterfotzig - aber auch ein wenig subtil. Nicht wenige werden nach dem Satz erst einmal gegoogelt haben, um herauszufinden, wen Söder da gemeint hat. Wer die Wikipedia-Recherche erfolgreich abschloss, erfuhr: Bei Tatjana Gesell handelt es sich um eine mit Botox aufgehübschte "Reality-TV-Teilnehmerin", die mal als Escort-Girl gearbeitet hat, ehe sie beim Promi-Frauentausch auf RTL II teilnahm und sich mit dem Düsseldorfer Autohändler Helmut Becker liierte. Gabriele Pauli war übrigens die Stoiber-Kritikerin im Latexanzug.

Ob Florian Hahn Näheres über Gsell zu berichten weiß, ist nicht bekannt. Fest steht nur: Seit Montag steht es dem CSU-Bundestagsabgeordneten aus Putzbrunn frei, in der Öffentlichkeit forscher aufzutreten als bisher. Markus Söder, seit vergangenem Herbst ja deutlich landesväterlicher unterwegs als noch zu seinen eigenen Generalsekretär-Zeiten, hat Hahn in die Parteizentrale beordert und zum stellvertretenden Wadlbeißer berufen. Seine spezielle Aufgabe dort neben Generalsekretär Markus Blume: Er soll das sicherheits- und außenpolitische Profil der Partei schärfen.

Ganz ohne Hintergedanken wird Hahn die Beförderung nicht angenommen haben. Die Führungsposition ist ein Sprungbrett. So eröffnete die Position selbst einer Dorothee Bär, die in CSU-Kreisen oft belächelt wurde, den Aufstieg zur Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt. Es braucht aber auch eine gehörige Portion Selbstvertrauen, um in der CSU voranzukommen. Daran scheint es jedenfalls Bär, die ihre Anhänger auf Twitter als @DoroBaer regelmäßig mit Weisheiten beglückt, nicht zu mangeln. Gefragt, ob es Frauen in der Partei besonders schwer hätten, twitterte sie einmal fröhlich los: "Wenn's einfach wäre, hätte den Job ja auch ein Mann machen können."

Ein Blick in die Historie der CSU-Generalsekretäre zeigt übrigens, dass der Job der Karriere unglaublich förderlich sein kann: Erst werden aus Stellvertretern Generalsekretäre, dann aus diesen Staatssekretäre, Staats- oder Bundesminister, Parteichefs - und sogar Überväter. Wiesheu, Stoiber, Huber, Goppel, Tandler, Streibl, Scheuer, Dobrindt, zu Guttenberg - ellenlang ist die Liste an Schwergewichten, die den Job einst inne hatten. Über allen aber schwebt einer: Franz Josef Strauß. Auch er war einst Generalsekretär und mischte danach als Innenminister, Parteichef und Ministerpräsident die Bonner Republik auf. Wenn sich der Kreis irgendwann schließen sollte, könnte auch vom Putzbrunner Florian Hahn noch mehr zu hören sein; und zwar nicht nur Sprüche eines Wadlbeißers. Oder wie es Edmund Stoiber ausgedrückt hat: "Der Vater des Wunsches ist hier der Gedankengang."

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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