Kreis und quer:Alles fließt

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Welch kreativen Umgang Wasser mit seiner Umgebung pflegt ist schon erstaunlich. Schon Thales wusste um das Besondere dieses Stoffs

Kolumne von Udo Watter

Thales war nicht nur einer der sieben Weisen und Erfinder des Thaleskreises, er behauptete auch, der Ursprung (Archē) des Universums sei das Wasser. Zu dieser Ansicht gelangte er laut Aristoteles unter anderem durch die Beobachtung, dass "die Samen aller Wesen von feuchter Beschaffenheit sind, das Wasser aber das Prinzip für die Natur des Feuchten ausmacht". Thales stammte aus Milet, nicht aus Lakonien, deren Bewohner für ihre staubtrockenen Antworten berühmt waren. Nun, dass das Leben auf der Erde aus dem Wasser kam, ist klar, wobei die Meere zu den am wenigsten erforschten Gegenden des Planeten gehören, 95 Prozent sind Aqua incognita.

Der Deininger Weiher hat keine tiefseeartigen Abgründe, in denen sich Riesenkraken verstecken könnten. Er ist ein kleiner Moorsee und gerade mal 1,80 Meter tief. Freilich, so sicher kann man nie sein, was sich da an Getier im dunklen Wasser tummelt, die Sichtweite ist gering. Seeschlangen, Riesenwaller oder Wassernixen wurden diese Woche aber nicht an die Oberfläche gespült, als der Deininger Weiher spektakulär überlief. Gleichwohl war eine gewisse archaische Macht zu erahnen beim Anblick der braunen Wassermassen, die ans Land leckten und das Gasthaus zu überschwemmen drohten. Der Weiher, an dessen Ufer mal der Autor Karl-Heinz Hummel sein Buch "Bayrische Seeungeheuer" vorstellte, gerierte sich als unheimlich gurgelndes Wesen.

Daneben hat auch der See im Unterhachinger Ortspark auf sich aufmerksam gemacht: Die ungesunde grünliche Farbe des Gewässers ließ vermuten, der See habe einen zu viel hinter die Binde gekippt - und sei umgekippt. Was indes so mächtig grünte auf der Oberfläche, war Blütenstaub und nicht, wie befürchtet, Algen. Und die fließenden Gewässer? Der kleine Hachinger Bach, der in Zeiten des Hochwassers gerne aufmuckt und Oberwasser bekommt, hielt sich diesmal zwar zurück. Auch die Isar hat wenig Schaden angerichtet, aber sie schaut derzeit schon mächtig aus und es wäre leichtsinnig, sich dort aufs Wasser zu wagen, wie es Kanufahrer bei Pullach getan haben.

Generell aber ist die Isar inzwischen entschärft. Der Georgenstein bei Baierbrunn, an dem der Sage nach eine Isarnixe (ein verwunschenes Grünwalder Burgfräulein) einst die Flößer mit Gesang ablenkte, auf dass diese im reißenden Fluss starben, hat seinen Schrecken verloren. Was den Kleinkunstwettbewerb "Am Fluss dahoam" angeht, der diese Woche in Straßlach-Dingharting gestartet wurde, böte sich diese Sage als Inspirationsquelle an - in Nachahmung von Heines "Loreley". Vielleicht hört man ja ein Mitglied des Baierbrunner Trachtenvereins "Georgenstoana" bald deklamieren: "I woaß ned, was soll des bedeitn, ein Bierchen aus uralten Zeitn." Es würde die Maxime des vom WWF initiierten Wettbewerbs - die kreative Auseinandersetzung mit Gewässern - exzellent umsetzen. Insgesamt muss man aber sagen, dass sich diese Woche die Gewässer eher kreativ mit uns auseinandergesetzt haben.

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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