Süddeutsche Zeitung

Konzert:Der Dämon und die fromme Helene

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Die Munich Classical Players präsentieren im Kleinen Theater Haar ungewöhnliche und selten gespielte Werke von Paul Hindemith und Bernd Alois Zimmermann

Von Udo Watter, Haar

Paul Hindemith gehört zwar zu den bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts, seine mitunter recht sperrigen Werke dürften außerhalb gewisser Expertenkreise aber nicht mehr allzu vielen Menschen vertraut sein. Kabarettfreunde, besonders diejenigen bayerischer Provenienz, denken bei dem Namen "Hindemith" ohnehin eher an einen renitenten Hund als an einen Komponisten: "Pfui, Hindemith" schimpft der große bayerische Kabarettist Gerhard Polt in einem bekannten Sketch während eines Telefonats auf seinen Vierbeiner, "ja, jetzt ist er schon wieder am Perser... ja, Hindemith! Pfui....alles verschissen."

Schwamm drüber. Der 1895 in Hanau geborene Künstler Paul Hindemith war jedenfalls schon als Kind musikalisch hochbegabt und quasi bewundertes Aushängeschild seiner Familie, später avancierte er zu einem der wichtigsten Komponisten der Moderne, auch als Dirigent und versierter Bratschist erwarb er sich Renommee - und darüber hinaus trat er auch entschieden gegen das NS-Regime auf, das mit seiner freitonalen Musik erwartungsgemäß nichts anfangen konnte. 1938 ging er mit seiner jüdischstämmigen Frau Gertrud ins Exil.

Die Munich Classical Players werden in ihrem Konzert am 25. Mai im Kleinen Theater Haar eine ungewöhnliche Komposition Hindemiths präsentieren: seine Musik zur Tanz-Pantomime "Der Dämon" ist so mitreißend wie originell. Charakteristisch ist die Dominanz und Kraft des Rhythmus, die dem Werk etwas Bezwingendes verleihen, doch es erklingen auch intensive lyrische und expressive Momente. Inhaltlich geht es dabei um einen Dämon, der zwei junge Schwestern verführt, die sich vergeblich zu wehren versuchen gegen seine dunklen, maliziösen Verführungskünste. In der Frage, wer am Ende Macht über den anderen gewinnt, behält er die Oberhand und lässt die Frauen vernichtet zurück.

Auch das andere Werk, welches die von Maximilian Leinekugel dirigierten Munich Classical Players in Haar aufführen, erklingt relativ selten im Konzertsaal, dürfte aber zugänglicher sein: Bernd Alois Zimmermanns Vertonung von "Die fromme Helene". Die Kombination aus seiner mitunter skurrilen Musik und den humorvollen Versen von Wilhelm Busch versprechen jedenfalls ein kurzweiliges, unkonventionelles Konzerterlebnis. Die Verbindung von Wort und Klang hat mittlerweile schon eine gewisse Tradition in Haar - vergangenes Jahr hat etwa der frühere bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch "Peter und der Wolf" zu Prokofjews Musik auf Bairisch gelesen.

"Maxi Leinekugel und ich haben wieder etwas gesucht, wo gelesen wird" erklärt Matthias Riedel, Chef des Kleinen Theaters. Man habe mit diesem Werk etwas durchaus "Ungewöhnliches gefunden", das auch "verquer besetzt sei", aber das mutmaßlich ziemlich gute Laune mache. So stimmt in Zimmermanns Stück die Tuba - nachdem Helenes betrunkener Gemahl ins Bett gefallen ist - ein berückend komisches Solo an und auf Helenes Bad im Wein folgt etwa ein bayerischer Landler. Bernd Alois Zimmermann (1918 bis 1970) gilt als einer der herausragenden Komponisten der Avantgarde hierzulande, sein bekanntestes Werk ist die Oper "Die Soldaten". Einem breiten Klassikpublikum ist er aber - ähnlich wie Hindemith - nicht sonderlich vertraut. Solche Komponisten wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rufen, ist sicherlich auch eine der Intentionen Leinekugels bei der Auswahl der Werke gewesen. Der junge Vaterstettener, der 2018 einen Tassilo-Kulturpreis der SZ gewann, ist ein musialkischer Tausendsassa, der gerade junge Menschen für die Klassik zu begeistern sucht.

Als Sprecher wird in Haar der Theaterschauspieler Marcus Widmann fungieren, der auch ab und an in TV- und Kinoproduktionen ("Das Tagebuch der Anne Frank") zu erleben ist. Die ersten Proben mit Orchester und Sprecher haben Riedel schon überzeugt: "Ich glaube, das wird eine gute Geschichte werden", freut sich der gebürtiger Kieler, der selbst Trompete studiert hat und Orchestermusiker war.

Das Konzert am Samstag, 25 Mai, beginnt um 19 Uhr. Karten gibt es über die Homepage des Kleinen Theaters Haar respektive www.reservix.de.

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Quelle:
SZ vom 14.05.2019
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