Konzert:Dem Christkind hätt's gefallen

Baierbrunn, Wort & Bild Verlag lädt zum Weihnachtskonzert der Münchner Symphoniker,  Foto: Angelika Bardehle

Virtuos und publikumsnah: Das Ensemble der Münchner Symphoniker überzeugte in Baierbrunn mit einem berührendem Programm.

(Foto: Angelika Bardehle)

Münchner Symphoniker beeindrucken beim Weihnachtskonzert im Baierbrunner Irenensaal

Von Udo Watter, Baierbrunn

Sapperlot: Dass Martin Luther die deutsche Sprache mit genialen Wortschöpfungen und Sprüchen bereichert hat, dürfte weitgehend bekannt sein. Aber angeblich hat der Urheber der Reformation auch das Christkind erfunden - das blondlockige Kindchen sollte als protestantischer Gegenentwurf zum Nikolaus dienen, da Luther die katholische Heiligenverehrung ablehnte, aber klug genug war, den Brauch des Schenkens nicht abzuschaffen. Diese Anekdote erzählte Annette Josef, Intendantin der Münchner Symphoniker, dem Publikum beim barocken Weihnachtskonzert im Irenensaal des Wort-und-Bild-Verlags in Baierbrunn - bevor elf Ensemblemitglieder auf ihren Streichinstrumenten Johann Pachelbels "Kanon" zu intonieren begannen. Man konnte sich dabei wunderbar vorstellen, wie das Christkind, angeregt von sanft streichelnden Celloklängen und Bass-Pizzikato, durch die stille Nacht schleicht und Geschenke verteilt. In der Realität steigern dann die übrigen Streicher die bezaubernd eingängige, sich wiederholende Akkordfolge zum dynamisch forcierten Höhepunkt - hat das Christkind irgendwo "Noch mal" gerufen? - danach klingt das Ganze nuanciert aus.

Ja, das Streicherensemble der Münchner Symphoniker hatte ein schönes, passendes Programm mit nach Baierbrunn gebracht: mit bekannten Werken wie dem "Kanon" oder Wolfgang Amadeus Mozarts Divertimento in D-Dur KV 136, dessen prominentes Hauptthema aus dem ersten Satz wunderbar durch den Raum flog, und das Doppelkonzert für Violine und Oboe von Johann Sebastian Bach. Hier zeigten Konzertmeisterin Ulrike Kraew und Solo-Oboist Zurab Gvantseladze ihre virtuosen Fähigkeiten, dialogisierten versiert und temperamentvoll miteinander. Überhaupt überzeugte das Ensemble der Münchner Symphoniker mit seiner Klangkultur, seiner Spielfreude und einer Phrasierungsintelligenz, die sich in der guten Akustik des Saales voll und unmittelbar entfaltete. Öffentliche Konzerte hatte es hier in dem vor gut einem Jahr eröffneten Irenensaal, der noch nach den Plänen von Verlagsgründer Rolf Becker konzipiert wurde, bisher noch nicht viele gegeben. Für dieses Weihnachtskonzert hatte der Verlag die Baierbrunner Bürger eingeladen, der Eintritt war frei, der Zuspruch enorm. Schon nach kurzer Zeit waren die (kostenlosen) Karten vergeben, sodass einige zusätzliche Besucher auf den Treppen Platz nahmen.

Neben den musikalischen Programmpunkten - den Anfang machte das so genannte Weihnachtskonzert des Italieners Arcangelo ("Erzengel") Corelli, den Abschluss bildeten einige bekannte Weihnachtslieder - waren auch die Intermezzi der an diesem Abend als Moderatorin fungierenden Annette Josef ansprechend. Man erfuhr etwa, dass es in Norwegen an einem speziellen Abend während der Adventszeit ratsam sei, alle Besen im Haus zu verstecken weil sonst die Weihnachtshexen sie nähmen und auf ihnen davon ritten. Dass das ursprünglich protestantische Christkind im katholischen Süden inzwischen wieder viel populärer ist als im evangelisch geprägten Norden, wo eher der Weihnachtsmann die Geschenke bringt, hat dabei durchaus ironische Qualitäten.

Ohne Ironie war am Ende Josefs Bitte ans Publikum, sich stimmlich zu beteiligen beim musikalischen Vortrag der drei Weihnachtslieder "O Tannenbaum", "O du Fröhliche", und "Jingle Bells". Was da dann so erklang, dürfte trotz mancher Textunsicherheiten auch dem Christkind gefallen haben.

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