Konzert:Alpine Pointen

Konzert: In Liverpool haben sich Isa Kurz und Philipp Moll (Mitte) kennengelernt, in Bern stieß Daniel Woodtli hinzu - so entstand das Trio Jütz, das im Pullacher Bürgerhaus vollends überzeugen konnte.

In Liverpool haben sich Isa Kurz und Philipp Moll (Mitte) kennengelernt, in Bern stieß Daniel Woodtli hinzu - so entstand das Trio Jütz, das im Pullacher Bürgerhaus vollends überzeugen konnte.

(Foto: Claus Schunk)

Zwischen traditionellem Volkslied, neuem Heimatsound und unterhaltsamem Musikkabarett changiert das Trio Jütz bei seinem Auftritt in Pullach - und endet mit einem Jodler zur guten Nacht

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Pullach

Ach, wenn es doch immer so schön wäre, denkt man sich, kaum dass das Trio Jütz zu spielen angefangen hat. Mit harmonischen, strahlend alpinen Dreiklängen. Aber eh man's gedacht hat, trötet Trompeter Daniel Woodtli schon schräge Töne in die friedlichen Dur-Harmonien, die bei Jazz & More im Pullacher Bürgerhaus erklingen. Wer ein Konzert mit ihm und seinen zwei Mitstreitern, der Geigerin Isa Kurz und des Bassisten Philipp Moll, besucht, darf sich auf was gefasst machen. Die drei Musiker aus Österreich und der Schweiz bewegen sich im Grenzbereich zwischen traditionellem Volkslied, neuem Heimatsound und Musikkabarett und lassen's schön krachen. Gleich das zweite Stück ihres Auftritts ist ein Knaller. Ein Schützenmarsch mit dem Titel "Dem Land Tirol die Treue" wird bei Jütz in einem beschwingten Walzer umgewandelt. Kaum hat man sich drauf eingehört, hebt Bassist Moll eine Saite ab und lässt sie aufs Griffbrett schnalzen. Alle drei haben ein perfektes Gespür für die notwendige Pointe. Zu der ungewöhnlichen Besetzung dieses Trios und dem, was sie machen, passt die Geschichte, wie die drei zusammenfanden. Die Geigerin und Multiinstrumentalistin Isa Kurz lernte auf einer Tournee den Bassisten Philipp Moll in Liverpool kennen, wo er Musik studierte. Der wiederum traf in Bern den Blechbläser und Jazzmusiker Daniel Woodtli. Und so kam das Trio zusammen, dass improvisiert, neu arrangiert, Texte belässt, aber gerne den Takt verändert. Eine erfrischende Art, Altes neu zu beleben und der Volksmusik neue Blickwinkel und Klangmöglichkeiten zu eröffnen. Es wäre natürlich zu anstrengend, wenn es dauernd nur um die nächstbeste musikalische Pointe ginge. Deshalb wechselt das Trio auch nach einer ersten aufregenden halben Stunde in langwelligere Musik über. Das Trio zeigt sich nun jazziger. Lange lässt Isa Kurz, die inzwischen von der Geige zum Akkordeon gewechselt hat, den Groove ihres Basskollegen laufen, bevor sie vereinzelte Töne aus ihrem Instrument lockt und zu einer immer dichter werdenden Improvisation verwandelt. Dann mischt Woodtli knackige Riffs auf dem Flügelhorn dazu. Passend zur Musik ist die Auftrittskleidung. Nur Bassist Moll ist dezent und unauffällig mit gedeckt rotem Hemd und grauer Hose gekleidet, Isa Kurz dagegen trägt poppige rote Schuhe, und Trompeter Woodtli hat eine Hose mit auffälligem Netzwerkmuster.

"Hin & über" ist der Titel des aktuellen Programms, das das Trio in den Bauer Studios Ludwigsburg aufgenommen hat. Damit sind die beiden alpinen Länder Österreich und Schweiz gemeint, aus deren musikalischen und sprachlichen Repertoire sich die drei munter bedienen, um daraus Eigenes zu machen. Im zweiten Teil des Konzerts nimmt etwa der "Häxesabbat im Pfaffeloch" großen Raum ein. Daraus wird im Saal des Bürgerhauses ein fast zehnminütiges Stück voll dramaturgischer Raffinesse, in dem harsche Streicherklänge auf Freejazziges auf der Trompete treffen. Dann greift Woodtli zum indischen Harmonium, entwickelt durch das stete Auf- und Zuklappen den typischen Dauerklangteppich, über den die drei mit fernöstlicher Melodik improvisieren. Es ist die Vielseitigkeit, mit der das Trio Jütz besticht, die nie beliebig, sondern klug kalkuliert ist. Das lässt einen bei all der musikalischen Ungewöhnlichkeit mit zwinkerndem Auge und offenen Ohren dranbleiben. Aber nach zwei Stunden geht diese verrückte musikalischen Reise zu Ende. "So schön, wie es anfangt hat, hört's wieder auf", resümiert Bassist Moll mit herrlicher Bissigkeit. Drei Zugaben gibt's noch: Eine davon ist ein Kanon, der sich zum musikalischen Medley ausweitet. Rossinis "Wilhelm Tell" trifft auf Mozarts "Kleine Nachtmusik", das Volkslied "Bergvagabunden sind wir" auf die Titelmelodie von Pippi Langstrumpf. Und dann gibt es noch einen "Gute Nacht-Jodler", der im Gelächter endet. Großartig.

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