Konkurrenz um Raum:Im Sozialzentrum wird es eng

Konkurrenz um Raum: Im Sozialzentrum an der Reisingerstraße sind bislang Familienberatung und Nachbarschaftshilfe beheimatet.

Im Sozialzentrum an der Reisingerstraße sind bislang Familienberatung und Nachbarschaftshilfe beheimatet.

(Foto: Claus Schunk)

Die Ismaninger Nachbarschaftshilfe braucht mehr Platz. Dafür soll die Familienberatung weichen

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Selten schlägt ein Antrag im Gemeinderat solche Wellen. Die Fraktionen von CSU, Freier Wählergemeinschaft und Grünen haben sich im Ismaninger Gremium für die Nachbarschaftshilfe stark gemacht und beantragt, dass diese möglichst rasch mehr Platz bekommen soll. Der Verein, der seit 1974 in Ismaning Betreuung für Kinder, Kurse für Schwangere und Hilfen für Nachbarn und Ältere organisiert, klagt seit einiger Zeit über akute Raumnot. Deshalb würde sich die Nachbarschaftshilfe gern vergrößern, möglichst am Ort, im Sozialzentrum an der Reisingerstraße 27, um alle Angebote beisammen zu halten. Dort gibt es auch noch weitere Räume - allerdings werden diese seit bald 22 Jahren von der Familienberatung genutzt.

Bislang belegt die Nachbarschaftshilfe die Büros im ersten Stock des Sozialzentrums, die Familienberatung das zweite Obergeschoss. Vermieter ist die Gemeinde. In ihrem Antrag forderten die drei Fraktionen die Kommune auf, den Mietvertrag mit der Familienberatung "zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufzulösen", um die frei werdenden Räume der Nachbarschaftshilfe überlassen zu können. Diese Formulierung hat einige Irritationen hervorgerufen. CSU-Fraktionsvorsitzender Peter Aurnhammer betonte deshalb in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, es sei keinesfalls die Intention der Antragsteller gewesen, die Familienberatung auf die Straße zu setzen. Man wünsche sich vielmehr, dass sich anderswo in der Gemeinde neue Räume für die Beratungsstelle finden lassen, damit diese am Ort bleibt und sich die Nachbarschaftshilfe zugleich vergrößern kann. Die Gemeindeverwaltung soll diese Möglichkeiten nun sondieren, darauf einigte sich das Gremium einstimmig.

Die Familienberatung Ismaning ist eine staatlich anerkannte, überkonfessionelle Beratungsstelle, die seit gut 40 Jahren werdende Eltern und junge Familien in allen möglichen Konfliktsituationen rund um Schwangerschaft, Geburt und Beziehung kostenlos unterstützt und fachkundig begleitet. Die Familienberatung wird finanziert vom Zweckverband "Kommunale Schwangerenberatung der Region München Nord/Ost", in dem sich die Landkreise München, Ebersberg, Freising und Erding sowie die Kommunen Ismaning, Unterföhring und Garching zusammengeschlossen haben. Mehr als 2240 Menschen haben das Angebot der Beratungsstelle in der Reisingerstraße allein 2017 genutzt.

Die Gemeinde will nun verhindern, dass aus der Raumnot der Mitbewohner im Sozialzentrum ein Nachbarschaftsstreit wird. Er schätze die Arbeit beider Institutionen, der Nachbarschaftshilfe wie der Familienberatung, unterstreicht Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Er wolle deshalb eine Lösung finden, mit der alle Beteiligten gut leben können. Für den 20. Februar hat die Gemeinde zu diesem Zweck ein Gespräch mit allen Betroffenen anberaumt; neben Vertretern der Nachbarschaftshilfe und der Familienberatung werden auch Greulich, der neue Leiter der Ismaninger Sozialabteilung im Rathaus, Christian Freund, sowie Landrat Christoph Göbel (CSU) als Vorsitzender des Zweckverbands und dessen Geschäftsleitung teilnehmen.

Dass bei diesem Gespräch am Ende die erwünschte Lösung herauskommt, hofft auch Reinhard Beinhölzl. Der Sozialpädagoge leitet die Familienberatung Ismaning seit 2006, Ende April geht er in den Ruhestand. "Wir fühlen uns an unserem Standort sehr wohl", sagt er. "Aber wir stellen uns nicht quer gegen eine andere räumliche Lösung, wenn dort die gesetzlichen Bedingungen für unsere Arbeit erfüllt sind." Die Familienberatung bietet ihren Klienten an, dass sie anonym bleiben, die Inhalte der Gespräche unterliegen der Schweigepflicht. Diesem Umstand muss bei der Suche nach einer neuen Lokalität Rechnung getragen werden. Gleichzeitig soll die Beratungsstelle gut erreichbar liegen und barrierefrei sein, damit sie jedem offensteht. Bürgermeister Greulich deutete an, die Verwaltung habe bereits einige Vorschläge für mögliche Standorte. Er sei "sehr zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame Lösung finden", sagt Beinhölzl.

Auch Petra Apfelbeck blickt dem runden Tisch optimistisch entgegen. Die Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe und CSU-Gemeinderätin hebt ihrerseits hervor, wie sehr den Verein der Schuh drücke. Im Verwaltungstrakt säßen zwölf Mitarbeiterinnen teilweise zu dritt in einem Büro von etwa 20 Quadratmetern Größe. Telefongespräche datenschutzgemäß zu führen, sei angesichts dieser Enge kaum möglich. Die Nachbarschaftshilfe hat ihr Angebot in den vergangenen Jahren stark ausgebaut, etwa im Bereich Betreutes Wohnen und in der ambulanten Pflege. Bei letztgenanntem fehle beispielsweise ein Besprechungsraum für Unterredungen mit Angehörigen, sagt Apfelbeck; außerdem ein Aufenthaltsraum für Mitarbeiter. Mit dem Antrag im Gemeinderat habe man die Dringlichkeit der Raumnot unterstreichen wollen.

Auf das Gespräch am 20. Februar setzen alle große Hoffnung. Im besten Fall finden sich bereits bis Herbst dieses Jahres geeignete Räume.

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