Kommunalwohnungen:Bauen ohne Ende

Kommunalwohnungen: In den vergangenen Jahren konnte die Baugesellschaft München-Land häufig Richtfest feiern. Das Bild zeigt ein Projekt in Ottobrunn

In den vergangenen Jahren konnte die Baugesellschaft München-Land häufig Richtfest feiern. Das Bild zeigt ein Projekt in Ottobrunn

(Foto: privat)

Auch 65 Jahre nach der Gründung ist die vorrangige Aufgabe der Baugesellschaft München-Land, günstigen Wohnraum zu schaffen. Doch alleine kann sie die Herausforderungen durch Zuzug und explodierende Immobilienpreise nicht lösen.

Von Bernhard Lohr

Als sich im Dezember 1953 die Vertreter von sechs Gemeinden, des Landratsamts und der Kreissparkasse bei einem Münchner Notar trafen, einte sie ein großes Ziel: Es fehlte im Landkreis überall an Wohnraum. Viele Vertriebene lebten in engen Baracken. Mit der Gründung der Baugesellschaft München-Land wollten sie ein Instrument in die Hand bekommen, um schnell günstigen Wohnraum zu schaffen. 65 Jahre später hat sich an der Aufgabenstellung nichts geändert. Bauen, bauen, bauen lautet angesichts der Wohnungsnot die Devise. "Wir haben sehr viel im Köcher", sagt der Geschäftsführer der Baugesellschaft, Ulrich Bittner.

Wenn nun an diesem Dienstag die Baugesellschaft, die im Januar 1954 ins Handelsregister eingetragen wurde, an ihrem Sitz in Haar ihr halbrundes Jubiläum feiert, steht sie also wieder im Fokus des Interesses. Die Aufgabe ist ähnlich wie damals. Vor allem bezahlbarer Wohnraum fehlt. Natürlich hat sich auch vieles geändert in den Jahren. Vielleicht gibt es keinen Ort, an dem das besser hätte zum Ausdruck kommen können, als kürzlich beim Richtfest für den zweiten Bauabschnitt der Josef-Seliger-Siedlung in Ottobrunn.

Die Siedlung war in den Fünfzigerjahren entstanden. Es waren einfache Wohnungen, spartanisch, niedrigen Standards, die nun Zug um Zug abgerissen und durch moderne, lichte Apartments samt Tiefgarage ersetzt werden. 85 Wohnungen werden im zweiten Bauabschnitt bald fertig. 170 Wohnungen werden es insgesamt sein, bei einer Investitionssumme von 31,5 Millionen Euro.

Die früheren Bewohner und einige neue Mieter werden wieder einziehen, bei einer Kaltmiete von 9,97 Euro pro Quadratmeter. Das ist die absolute Höchstmarke, wie Bittner sagt. Beschlüsse des Aufsichtsrats der Baugesellschaft legten den maximalen Mietzins fest.

Die Baugesellschaft ist als kommunales von ihrem öffentlichen Auftrag geprägtes Unternehmen ein ausgefeiltes Konstrukt, das dem freien Spiel des Marktes etwas entgegenzusetzen versucht. Wesentlich ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinden, die unter anderem durch das Belegungsrecht für die Wohnungen zum Ausdruck kommt, wie auch bei der Josef-Seliger-Siedlung in Ottobrunn.

Es ist das größte, aber bei weitem nicht das einzige Projekt der Baugesellschaft, die als Partner mehr und mehr geschätzt wird. Bis auf Grünwald und Gräfelfing, die wie etwa auch Pullach über eine eigene Baugesellschaft verfügen, sind heute alle Kreiskommunen Gesellschafter und mit einer Einlage am Unternehmen beteiligt. Die Baugesellschaft baut nicht nur, sie modernisiert und verwaltet eigene wie fremde Wohnungen und bietet eine Reihe von Dienstleistungen an.

65 Jahre Baugesellschaft

1954 Die Baugesellschaft München-Land GmbH wird am 30. Januar ins Handelsregister eingetragen. Gründungsmitglieder sind der Landkreis, die Kreissparkasse sowie die Gemeinden Garching, Höhenkirchen, Siegertsbrunn, Ismaning, Oberhaching, Taufkirchen und Unterföhring.

1966 Umzug der Geschäftsstelle vom Landratsamtsgebäude am Mariahilfplatz in die Zeppelinstraße 27.

1973 Die Anzahl der gesellschaftseigenen Wohnungen liegt bei 1143.

1985 Das Unternehmen weist 18 Gesellschafter auf. Man zählt 1312 Wohnungen.

1989 Die Wohnungsgemeinnützigkeit wird vom Gesetzgeber abgeschafft.

1994 Umzug nach Haar

1998 Ulrich Bittner übernimmt die Geschäftsführung. Dem Unternehmen gehören 27 Gesellschafter an.

2003 Der 28. Gesellschafter kommt dazu.

2011 Die Tochtergesellschaft BML Bau-Service GmbH wird gegründet.

2015 Der BML-Hauptsitz in Haar wird erweitert und modernisiert. 53 Mitarbeiter arbeiten dort. Die BML verfügt über 2532 Wohnungen und ein Stammkapital von 107 Millionen Euro. SZ

Neuerdings tritt sie mehr denn je bei vielen kommunalen Sozialbauvorhaben an der Seite der Gemeinden auf, die dringend Wohnungen auch für Erzieher, Pflegekräfte oder Feuerwehrleute schaffen wollen. In Neubiberg entstanden so 2017 in der Siedlung "Auf der Heid" 31 Wohnungen.

In Aying baute die Baugesellschaft eine Anlage, in die zunächst 50 Flüchtlinge einzogen, die aber mittelfristig günstigen Wohnraum für alle bieten soll. 15 Wohnungen entstanden in Furth in der Gemeinde Oberhaching, die wegen der dort besonders rasant steigenden Immobilienpreise als Hotspot des Wohnungsmarkts gilt. Für unter zehn Euro stehen dort nun geförderte Wohnungen zur Verfügung.

Die Kooperation mit den Gemeinden funktioniert. Es ist ein Geben und Nehmen. In der Regel stellen die Kommunen die Grundstücke, manchmal in Erbpacht. Und sie können letztlich nicht nur bestimmen, wer dort einzieht, sondern auch den Mietzins noch einmal drücken, wenn ihnen daran liegt.

Laut Bittner können die Gemeinden mit einer Sondereinlage bei der Baugesellschaft Einfluss auf die maximale Miethöhe nehmen. So habe es Aschheim bei einem Wohnprojekt gemacht, um die Kaltmiete schließlich unter neun Euro zu halten.

Ein besonderes Aufgabenfeld hat sich über das Kommunale Wohnraumförderprogramm des Freistaats aufgetan. Die Baugesellschaft kann dort laut Bittner dank ihrer Tochtergesellschaft BML BauService GmbH als Partner den Kommunen zur Seite stehen, um bei Ausschreibungen Vorteile zu haben und Projekte abzuwickeln. Ein Beispiel ist der Kommunalwohnungsbau an der Heilmannstraße in Pullach.

Geschäftsführer Ulrich Bittner, der seit 1998 die Geschicke des Unternehmens leitet und bereits seit 35 Jahren in der Baugesellschaft tätig ist, erlebt wie sich derzeit verwirklicht, was Landrat Christoph Göbel (CSU) einst zu ihm sagte: "Die Gesellschaft wird wachsen müssen." An Bauvorhaben für die Zukunft fehle es nicht, sagt Bittner, der aber registriert, dass das Engagement seines Unternehmens nicht reicht, um die Probleme wirklich zu lösen. Architekten, Planer und Handwerker sind ausgelastet. "Bitte dieses Jahr keinen Auftrag mehr." Das bekommt er öfter zu hören.

Vergangene Woche führte Bittner auf dem Verbandstag der bayerischen Wohnungswirtschaft in Nürnberg viele Gespräche und merkte, dass manches Rezept im Münchner Umland nicht wirkt. So hält er wenig von dem derzeit propagierten "seriellen Bauen", das nur zu wenig ansehnlichen Standardgebäuden führe. Bittner liegt daran, dass sich jeder Bau architektonisch ins Umfeld einfüge. Was nach Ottobrunn passt, passt nicht unbedingt nach Aying. Er fordert weniger Bauvorschriften und mehr finanzielle Anreize des Staates.

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