Kommunalwahl Unterföhring:Stunde der Versprechungen

Die vier Bürgermeister-Kandidaten stellen sich den Unterföhringern beim einzigen Aufeinandertreffen vor der Kommunalwahl. Alle Bewerber plädieren für Transparenz, Unterschiede zeigen sich nur partiell.

Von Sabine Wejsada

Podiumsdiskussion mit den Bürgermeisterkandidaten Unterföhring

Podiumsdiskussion mit den Bürgermeisterkandidaten Unterföhring.

(Foto: Florian Peljak)

Von wegen politikverdrossen: Deutlich mehr als 600 Unterföhringer sind am Dienstagabend ins Bürgerhaus geströmt, um sich dort den oder die mögliche Nachfolgerin für den scheidenden Rathauschef Franz Schwarz (SPD) anzusehen. Betina Mäusel (CSU), Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU), Manfred Schulz (Grüne) und Thomas Weingärtner (SPD) bewerben sich um den ersten Job in der Gemeinde. Seit Wochen sind sie in Unterföhring unterwegs, zwei von ihnen machen Hausbesuche, klingeln an Türen, um die Menschen davon zu überzeugen, sie zu wählen; alle vier stehen tapfer bei Wind und Wetter an Informationsständen vor Supermärkten und schütteln bei Festen und Jubiläen viele Hände. Auch die der Konkurrenten.

Gesehen werden ist in Wahlkampfzeiten alles. Sichtbar werden auch. Von Wahlplakaten im ganzen Ort lächeln Weingärtner, Mäusel, Kemmelmeyer und Schulz herunter. Die Briefkästen der Unterföhringer sind voll mit bunter Wahlwerbung. Fast jeden Tag kommt eine Postwurfsendung einer Partei oder Gruppierung, in der dem potenziellen Wähler erläutert wird, warum es nur einen oder eine für das Bürgermeisteramt geben kann. Und in den fast fünf Wochen bis zur Kommunalwahl am 16. März dürften sich die persönlichen und schriftlichen Aktivitäten von Schwarz' Erbengeneration noch steigern.

Die Podiumsdiskussion der Volkshochschule (VHS) im Norden des Landkreises München am Dienstag ist die einzige Gelegenheit in diesem Wahlkampf, die vier Bewerber auf einmal zu beobachten und zu hören, was sie vorhaben, sollten sie nach dem Urnengang als Gewinner dastehen. Moderiert wird die Veranstaltung von Günther Knoll, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, und Günter Hiel vom Münchner Merkur. Die Protagonisten auf dem Podium sind allesamt gut präpariert.

Das vereinbarte Prozedere für den Abend haben die Kandidaten einstudiert: Die persönliche Vorstellung darf nicht länger als fünf Minuten dauern, was Betina Mäusel und Andreas Kemmelmeyer in ihren Antrittsreden perfekt einhalten. Manfred Schulz endet noch vor dem Läuten des Zeitmessers, den die Moderatoren vor sich stehen haben. Thomas Weingärtner überzieht ein wenig, kann in der Vorstellungsrunde aber als einziger mit einem Pfund wuchern, das bei einer Bürgermeisterwahl durchaus großen Stellenwert haben dürfte: "Ich bin ein Unterföhringer", sagt der 48-Jährige - und macht damit den Unterschied zu seinen Konkurrenten deutlich.

Die anderen drei Bewerber sind zugezogen: Kemmelmeyer in den Neunzigerjahren, Mäusel vor zwei Jahren, und Schulz wohnt noch nicht einmal in der Kommune, deren Bürgermeisteramt er für die Grünen erobern will. Der 51-Jährige ist in Ismaning daheim, eine Wohnung in Unterföhring hat er noch nicht gefunden. Seine Verbindungen in die örtliche Kommunalpolitik allerdings rühren aus einer anderen Zeit: 2002 versuchte er schon einmal, Unterföhringer Bürgermeister zu werden, für die CSU - was gründlich misslang. Die Partei und ihr einstiger Hoffnungsträger trennten sich nach internen Querelen, Schulz verschwand in der Versenkung und tauchte nun an der Seite von Grünen-Einzelkämpfer-Gemeinderat Johannes Mecke wieder auf. Er weiß wohl, dass er im Rennen um das Bürgermeisteramt keine Chance hat. Das lässt ihn ganz locker über seine Ideen für die Zukunft sprechen: Eine aktive Bürgerbeteiligung braucht's, eine echte Ortsmitte auf dem Bahog-Gelände am Bahnhof, mehr Transparenz im Rathaus sowie ein Radwegenetz. Und freilich das Gymnasium.

All das wünschen sich alle vier Diskutanten - Unterschiede zeigen sich nur partiell: Lehrerin Betina Mäusel, 44, verspricht, das Gymnasium als Bürgermeisterin nach Unterföhring zu holen: "Ich weiß, wie ich mich gegen Widerstände im Kultusministerium durchsetze." Steuerfachmann Thomas Weingärtner, der SPD-Kommunalpolitiker aus Überzeugung, preist die sozialen Standards am Ort, an denen auch in Zukunft nicht gerüttelt werden darf: Die kostenlose Kinderbetreuung und die umfassende Versorgung sowie Pflege von Senioren müssten die Schwerpunktthemen der Unterföhringer Politik bleiben. Unternehmer Andreas Kemmelmeyer, 47, setzt bei seiner zweiten Kandidatur fürs Bürgermeisteramt auf frühzeitige Einbindung der Unterföhringer bei Großprojekten - und zwar, bevor die Architekten das Sagen haben.

Einigkeit herrscht auf dem Podium, dass der Ort vom massiven Durchgangsverkehr (25 000 Fahrzeuge am Tag auf der Münchner Straße) entlastet werden muss. Schulz, Mäusel und Kemmelmeyer wollen "groß denken", zum Beispiel auch an einen Tunnel oder eine Ortsumgehung, wie sie schon vor vielen Jahren einmal diskutiert wurden. Weingärtner, seit zwölf Jahren Zweiter Bürgermeister, hat eine andere Idee: Mit Tempo 30 auf der Hauptstraße den Pendlern die Fahrt durch Unterföhring zu verleiden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: