Kommunalwahl in Putzbrunn:Die große Koalition bangt um ihre Mehrheit

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Am 15. März wird nur über die Zusammensetzung des Gemeinderats entschieden. Für Bürgermeister Edwin Klostermeier von der SPD steht dennoch viel auf dem Spiel.

Von Stefan Galler

Eigentlich könnte Edwin Klostermeier dem 15. März maximal entspannt entgegensehen. Der Putzbrunner Bürgermeister hat seine ganz persönliche Wahl schon vor zwei Jahren absolviert, er wurde im Frühjahr 2018 mit 53,0 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Seit nunmehr 14 Jahren sitzt der Sozialdemokrat auf dem Chefsessel im Rathaus, wenn die Wahlperiode 2024 endet, wird sich Klostermeier in den Ruhestand verabschieden. Und doch ist der 64-Jährige nicht völlig gelassen, schließlich wird in knapp drei Wochen ein neuer Gemeinderat gewählt - und dabei könnten sich die Mehrheitsverhältnisse in eine Richtung bewegen, die Klostermeier nicht gerade in die Karten spielt.

Vier Mandate hat seine SPD aktuell, dazu sitzen zwei Grüne im Gremium, die den politischen Überzeugungen Klostermeiers ebenfalls nicht fern sind. Und auch mit der CSU arbeitet das Gemeindeoberhaupt gut zusammen, was sogar so weit geht, dass die Räte der Gemeinschaft pro Putzbrunn (GPP) und der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG) immer wieder mal von der "großen Koalition" im Gemeinderat sprechen. Und doch ist keineswegs sicher, dass der Bürgermeister auch noch verlässliche Mehrheiten zusammenbekommt, wenn sich das neue Gremium konstituiert hat. Denn die SPD schwächelt bekanntlich, zumindest auf Bundes- und Landesebene. "Wir haben momentan einen schweren Stand", sagt auch Klostermeier. "Dabei machen die Sozialdemokraten keine schlechte Politik, es sind immer noch gute Ideale, denen wir folgen."

Da er selbst in der Gemeinde weiterhin beliebt ist, hofft er, dass es seiner Fraktion gelingt, die vier Mandate zu verteidigen. Womöglich bringen viele Putzbrunner den Bürgermeister und damit auch die SPD mit dem neuen Gymnasium in Verbindung, das in den nächsten Jahren im Ortsteil Waldkolonie gebaut wird. Oder mit der Tarifreform, durch die die Putzbrunner künftig nicht mehr vier, sondern nur noch zwei Streifen stempeln müssen, wenn sie mit dem ÖPNV in die Stadt wollen. In beiden Fällen handelt es sich um Landkreisentscheidungen, allerdings trat Klostermeier jeweils als engagierter Fürsprecher für Putzbrunner Belange auf.

Dennoch ist keineswegs gewiss, wie es weitergeht. Die Zusammenarbeit mit den Christsozialen könnte komplizierter werden, denn Eduard Fritz, zuletzt Zweiter Bürgermeister und langjähriger Freund Klostermeiers, tritt bei der Gemeinderatswahl nicht mehr an. Auch mit Eduard Boger, der 2012 und 2018 bei den Bürgermeisterwahlen jeweils gegen den Amtsinhaber verloren hatte, versteht sich Klostermeier gut, man teilt zahlreiche politische Ansichten. Doch der Fraktionsvorsitzende, der bis vor einigen Monaten Geschäftsführer des CSU-Bundeswahlkreisbüros München-Land gewesen ist, hat sich beruflich verändert, bei seinem neuen Job in der Mobilfunkbranche sind Auslandsreisen keine Seltenheit, womit auch fraglich ist, inwiefern Boger sein Engagement in gewohntem Maße aufrechterhalten kann.

(Foto: oh)

Und so könnte es für Klostermeier schon bald schwieriger werden, die Anliegen der Verwaltung durchzubringen. GPP, FWG und die FDP, die durch Willibald Hackl im Gemeinderat vertreten ist, stimmten in den vergangenen Jahren in etlichen Fragen gegen ihn. Die GPP schlüpfte in die Rolle einer Kontrollinstanz, insbesondere was die Gemeindefinanzen angeht; teilweise kam es im Gremium zu lautstarken Auseinandersetzungen, die sich nicht immer im sachlichen Rahmen bewegten. Zuletzt haben sich die Wogen etwas geglättet, man gehe sachlich miteinander um - und nach den Sitzungen auch wieder mit mehr Freude gemeinsam auf ein Bier, sagt der Bürgermeister.

Bleibt abzuwarten, wie sich der Wahlkampf in den letzten Wochen entwickeln wird, bislang geht es ruhig zu. Kontroverse Themen sind nicht zu erkennen, anders als in vielen Orten, wo im Gegensatz zu Putzbrunn auch der Bürgermeister gewählt wird, gibt es keinen großen Schlagabtausch. Die bestimmenden Fragen der nächsten Jahre liegen auf der Hand: Auch für Putzbrunn geht es darum, Wege aus dem Verkehrsdilemma zu finden, täglich rollen Tausende Autos, darunter zahlreiche Lkw, auf der B 471 durch den Ortskern. Eine Umgehungsstraße ist zumindest vorerst vom Tisch, weil sich keine der ursprünglich angedachten Trassen realisieren lässt. Bleibt die Hoffnung auf eine zusätzliche Stärkung des Fahrradverkehrs innerhalb der Gemeinde - alle Fraktionen arbeiten in diesem Bereich zusammen -, sowie auf eine Verlegung der Bundesstraße raus aus den Ostgemeinden, derzeit läuft eine vom Kreistag in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zu diesem Thema.

Auch das Ortsleitbild und die Frage, ob Putzbrunn dem Siedlungsdruck weiterhin widerstehen und bei seinem moderaten Wachstum von einem Prozent pro Jahr bleiben kann, wird Thema sein in der kommenden Legislaturperiode. "Vor zehn Jahren, als wir mit dem Ortsleitbild angefangen haben, war Wohnungsnot noch kein Thema", sagt Klostermeier. Das habe sich grundlegend geändert, weshalb sich ein neuer Gemeinderat womöglich auch mit der Ausweisung zusätzlicher Flächen für Wohnbebauung befassen muss.

Schließlich dürfte auch die Kinderbetreuung ein Schwerpunkt der Arbeit des Gremiums nach der Wahl werden. Derzeit reichen die vorhandenen Plätze gerade aus, doch wie in so vielen Gemeinden ist der Fachkräftemangel auch in Putzbrunn zu spüren. Durch das Gymnasium wird die Gemeinde für junge Familien immer interessanter, doch wenn im Vorschulalter nicht ausreichend Betreuungsplätze vorhanden sind, kann dieses Interesse schnell nachlassen. Es ist also spannend in Putzbrunn, auch ohne Bürgermeisterwahl.

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© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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