Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl in Unterhaching:Von Wunschträumen und Machbarem

Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl in Unterhaching: Die Veranstaltung der Volkshochschule mit den fünf Kandidaten moderierten SZ-Redakteurin Iris Hilberth (links) und Martin Becker (rechts).

Die Veranstaltung der Volkshochschule mit den fünf Kandidaten moderierten SZ-Redakteurin Iris Hilberth (links) und Martin Becker (rechts).

(Foto: Claus Schunk)

Bei der Podiumsdiskussion der VHS zur Bürgermeisterwahl in Unterhaching steht Renate Fichtinger von der CSU wegen ihres Wahlkampfs im Fokus. Inhaltlich punkten die Kandidaten von Grünen und FDP sowie die Freie-Wähler-Vertreterin - Bürgermeister Panzer zeigt sich souverän.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Ließen sich Siegerin oder Sieger im Bürgermeisterwahlkampf in Unterhaching durch ein Quiz ermitteln, dann hätten sowohl Amtsinhaber Wolfgang Panzer (SPD) als auch seine Herausforderer schlechte Karten. Keiner aus dem Quintett wusste annähernd, welche Menge Plastikmüll jährlich in den Wertstoffhöfen der Gemeinde landet, nämlich 582 Tonnen. Der gesuchten Zahl der zugelassenen Fahrzeuge (13 983) kam nur Armin Konetschny (Grüne) mit 14 000 sehr nahe, und bei der Frage, wann die SpVgg Unterhaching in die Zweite Bundesliga aufgestiegen ist (1989), lagen wieder alle weit daneben.

Das Quiz zu Beginn der Podiumsdiskussion am Dienstagabend war freilich nur eine Lockerungsübung, vielen der gut 400 Besucher im komplett gefüllten Kultur- und Bildungszentrum (Kubiz) waren die Antworten der Kandidaten auf drängende lokale Fragen wesentlich hilfreicher für ihre Entscheidung am 15. März. Bei der von der VHS-Geschäftsführerin Barbara Sporrer initiierten und von Iris Hilberth (Süddeutsche Zeitung) und Martin Becker (Münchner Merkur) moderierten Kandidatendiskussion waren die Verwerfungen innerhalb der CSU, das Aufsehen erregende Domain-Grabbing aus dem Wahlkampfteam von CSU-Bürgermeisterkandidatin Renate Fichtinger zwar kein eigenes Thema, ihre jüngsten Äußerungen dazu fielen der CSU-Frau indes mehrere Male auf die Füße. Und als sie das Domain-Grabbing mit einem "digitalen Maibaumklau ohne Wachhütte" verglich, waren ihr missmutige Reaktionen aus dem Publikum sicher, auch nachdem sie einschränkte: "Ok, sehe ich nicht ganz so."

Den ruhenden Verkehr unter die Straße

Beim Thema Verkehr/Mobilität konnte FDP-Kandidat Peter Hupfauer mit einer geschickt gesetzten Bemerkung glänzen; er sei der einzige Radfahrer auf der Bühne, sagte er. Die anderen waren mit dem Auto gekommen, Amtsinhaber Wolfgang Panzer (SPD) immerhin mit einem E-Auto. Jahrzehntelang sei dieses Thema vernachlässigt worden, sagte Konetschny von den Grünen, der eine Infrastruktur aus den Neunzigerjahren beklagt, für die Verkehrswende auf das Fahrrad setzt, geteilte Fußgänger/Radwege ablehnt, dafür durchgehende Fahrradstraßen fordert, etwa vom Fasanenpark bis zur Grünau. Wesentlich durchschlagender wären wohl die Vorschläge von Fichtinger, den ruhenden Verkehr unter die Straße zu verbannen, eine Park-and-ride-Tiefgarage mit Café, Bücherei und Kulturellem obendrauf. Dass dies ein Wunschtraum sei, gab sie selbst zu.

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Für Panzer, der den ganzen Abend über souverän wirkte, ist eine Mobilitätswende "keine einfache Aufgabe." Man müsse mit der bestehenden Infrastruktur was machen, viele Fahrradwege seien ertüchtigt worden. Die Gemeinde habe weitere konkrete Ideen. Einen intelligenten Mix aus allen Verkehrswegen schlug Hupfauer vor, der ein ums andere Mal für pointierte Wortmeldungen Szenenapplaus erhielt.

Das Dauerthema "Lärmschutz" nahm im Kubiz den breitesten Raum ein. Ein Tempolimit auf der A 995, das keiner kontrolliere, bringe gar nichts, sagte Panzer zu entsprechenden Forderungen der Anrainer und erntete Beifall. "Lärmschutz ja, aber dann für ganz Unterhaching", lautete seine Maxime. "Man muss sich über die große Landkarte beugen und schauen, was zu machen ist", sagte Fichtinger und beklagte, dass Ende 2018 eine Machbarkeitsstudie vom Gemeinderat abgelehnt worden sei. "Auch von der CSU", merkte Moderatorin Hilberth an, worauf Fichtinger antwortete: "Da war ich nicht dabei." Ein Lösungsansatz des Grünen Konetschny lautete: "Schilder hin und Überwachung sicherstellen." Mit Gutachtern an einen Tisch setzen und emotional runterfahren sein zweiter. "Wer hat's erfunden?", fragte rhetorisch Kandidat Hupfauer: Die FDP sei es gewesen, die den Antrag für eine Machbarkeitsstudie in den Gemeinderat eingebracht habe.

Die Lärmschutzwand sei machbar, sagt Hupfauer

Fünf bis zehn Millionen Euro für eine Lärmschutzwand sei machbar, sagte Hupfauer und erntete Zustimmung von Julia Mittermeier (Freie Wähler), die als Spitzenkandidatin, nicht als Bürgermeisterkandidatin, auf dem Podium saß und darauf eine gute Figur machte. Sie fordert auch tagsüber Tempo 80 auf der A 995 und entsprechende Kontrollen.

Dass die Runde beim Thema Klimaschutz schnell bei der Geothermie landen würde, war abzusehen. Es sei ein großer Fehler gewesen, diese Technologie zu 95 Prozent an Grünwald zu verkaufen, jetzt könne die Gemeinde nicht mehr mitreden, sagte Konetschny, worauf Panzer verärgert reagierte: "Ich bin bestürzt, Herr Konetschny", sagte er und verwies auf 6000 Haushalte, die mit Geothermie heizten, auf die Schwierigkeiten durch ständige Bürgschaften und auf die eingetretene finanzielle Erholung nach dem Verkauf. Thema der Zukunft sei für ihn die Bürgerenergie. Gleicher Meinung ist Hupfauer: Die Gemeinde sei "mit dem Rücken zur Wand gestanden", sagte er. Die Kehrtwende habe das Desaster beendet.

Bei der Bildung wurde Panzer fehlende vorausschauende Planung vorgeworfen. "Immer kurz vor knapp", sagte Konetschny. Und wie soll sich Unterhaching, das rasant wächst, weiterentwickeln? Panzer verwies auf begrenzte Steuerungsmöglichkeiten durch bestehendes Baurecht. "Wir sollten im Bestand konsolidieren", sagte Konetschny. "Konsolidierung im Bestand ist das Problem und nicht die Lösung", sagte Hupfauer. Und Fichtinger fand: "Wir sollten uns trauen, in die Höhe zu gehen."

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