Kommunalwahl in Unterhaching:Mit Sticheleien in die Stichwahl

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Bürgermeister Wolfgang Panzer von der SPD sieht sich drei Herausforderern gegenüber. Zwei rechnen sich im ersten Wahlgang Chancen aus.

Von Iris Hilberth

Auf Youtube kann man jetzt Wolfgang Panzer abonnieren. Der amtierende Unterhachinger Bürgermeister ist mit seinem einen Video zwar noch weit entfernt davon, ein Star auf dieser Internetplattform zu werden. Aber was tut man nicht alles, um in diesem Kommunalwahlkampf die Leute zu erreichen. Dabei ist Panzer eigentlich kein Mensch, der gerne vor eine Kamera tritt. Er wirkt dabei immer etwas hölzern und dröge.

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(Foto: Claus Schunk)

Wolfgang Panzer, SPD: Alter: 52 Jahre, wohnt seit Geburt in Unterhaching Familienstand: verheiratet, zwei Kinder Beruf: Bürgermeister, Verwaltungsfachwirt Hobbys: Freizeit mit der Familie, RC-Modellbau

Renate Fichtinger, CSU: Alter: 48, wohnt seit 2016 in Unterhaching Familienstand: verheiratet, ein Sohn Beruf: Volljuristin Hobbys: Singen, Musikmachen, Lesen, Garteln, Laufen

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(Foto: Claus Schunk)

Armin Konetschny, Grüne: Alter: 56 Jahre, wohnt seit 1970 in Unterhaching Familienstand: Vater von zwei Teenagern Beruf: IT-Projektmanager Hobbys: Radfahren, Wandern

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(Foto: Claus Schunk)

Peter Hupfauer, FDP: Alter: 52 Jahre alt, in Unterhaching aufgewachsen Familienstand: verheiratet, zwei Kinder Beruf: Politologe, tätig in der IT Security Hobbys: Unterwegssein mit der Familie, Gemeinderat

Ein nüchterner Verwaltungsmensch, dem der politische Gegner Eloquenz und Visionen abspricht. Und das ist mit ein Grund, warum gleich drei Herausforderer überzeugt sind, sie könnten das besser. Inhaltlich liegen die Kandidaten bei den meisten Themen gar nicht so weit auseinander. Schließlich hat man in den vergangenen zwölf Jahren vieles gemeinsam auf den Weg gebracht

Panzer weiß selbst, dass solche Aufritte nicht seine Stärke sind. Kürzlich war das Fernsehen zweimal in Unterhaching. Zunächst, weil eine Bürgerinitiative mächtig Wirbel um den Streit über eine Lärmschutzwand entlang der Giesinger Autobahn gemacht hatte. Dann, als die Gemeinde mit der Spielvereinigung einen Ehrenamtstag veranstaltete. Und Panzer gestand, dass er sich die Beiträge nicht oder zumindest nicht gerne anschaut.

Kommt der SPD-Politiker aber jenseits des Redemanuskripts mal in Fahrt, erläutert er gerne auch mal ausschweifend den Sachverhalt. In dem Video redet er drei Minuten und 15 Sekunden lang über sein "Haus Unterhaching", wie er es nennt, die vier Säulen seiner Politik, in der es um Ortsentwicklung und Nachhaltigkeit, um das soziale Leben in seiner Gemeinde, um Mobilität und Bürgernähe geht.

Wer den Film aus dem leeren Sitzungssaal bis zum Ende angeschaut hat, wird sagen: Ja so ist er unser Bürgermeister. Dabei kann Panzer auch aufbrausend sein, wenn er sich angegriffen fühlt. Wenn etwa Eltern ihm vorwerfen, für nicht genügend Kinderbetreuungsplätze zu sorgen. Oder als die Anwendung der Straßenausbaubeitragssatzung wütende Anwohner in sein Rathaus trieb. Auch als die Lärmschutzgruppe versuchte, ihn mit Fragen zu provozieren. "Als Bürgermeister braucht man breite Schultern", weiß Panzer. Und am besten eine starke Fraktion, die er mit elf Gemeinderäten hat.

(Foto: oh)

Insgesamt findet der 52-Jährige, dass er das in seinen beiden bisherigen Amtszeiten ganz gut hingebekommen hat. Das Problem mit der Kinderbetreuung ist - auch durch das im Bau befindliche Kinderhaus Plus - gelöst. Die Finanzen inzwischen in Ordnung, auch weil die Gemeinde die Geothermie verkauft hat. Es wurden 100 neue bezahlbare Wohnungen gebaut und für den Umwelt- und Klimaschutz ist mittlerweile im Rathaus eine ganze Abteilung zuständig. Panzer findet Rohbau und Dach seines "Hauses Unterhaching" seien fertig.

Die CSU, und vor allem deren Bürgermeisterkandidatin, sehen das erwartungsgemäß anders. "Ganz schön verstaubt" sei Unterhaching, meint Renate Fichtinger. Die 48-Jährige war bislang in der Kommunalpolitik nicht in Erscheinung getreten, ihre Partei hat sie vor genau einem Jahr quasi aus dem Hut gezaubert. Möglicherweise hat die Juristin diese Aufgabe etwas unterschätzt.

Denn der Wahlkampf der CSU lief lange alles andere als rund. Im Gemeinderat war die Fraktion geschrumpft, nach dem einstigen Bürgermeisterkandidaten Florian Riegel, der inzwischen bei der FDP ist, hatte auch Julia Mittermeier der Partei den Rücken gekehrt. Mittermeier gehört nun den Freien Wählern an und tritt als deren Spitzenkandidatin an.

Zudem hatte Tanja Günther ihr Mandat aus familiären Gründen abgegeben, und so geht für die Christsozialen mit zwei Sitzen weniger diese Amtszeit als reine Herrenriege zu Ende. Schnell beeilte man sich im Sommer mit der Aufstellung der Gemeinderatsliste für die Wahl, an der dann aber wohl die bayerische Ministerin Kerstin Scheyer und der ehemaligen Bürgermeister Engelbert Kupka Nachbesserungsbedarf sahen. Die Partei sortierte die Namen neu, stieß damit den Ortverbandsvorsitzenden Michael Stiller und dessen Stellvertreter vor den Kopf, so dass beide zurücktraten.

Nun sollte der Wahlkampf endlich beginnen, mit schönen Fotos von der Hundemeile und einer Women's Night, mit einem Video vom Treffen der Mittelstandsunion bei der Firma Develey. Da fiel der CSU die Geschichte mit den gekaperten Webseiten auf die Füße. Das Domain-Grabbing von CSU-Gemeinderat Korbinian Rausch, der die Namen der Konkurrenten von SPD und Grünen für CSU-Wahlwerbung nutzte, sorgte für mächtig Ärger in Unterhaching. Kandidatin Fichtinger versuchte die Wogen zu glätten. Ob sie mit Ideen wie unterirdischen Garagen am Bahnhof und Kulturveranstaltungen mit Gastronomie im Landschaftspark sowie einem Ortsbus für Senioren bei den Wählern punktet, bleibt abzuwarten.

Auch die Grünen mussten in den Monaten vor der Wahl den Weggang von zwei Gemeinderätinnen hinnehmen. Christa Helming und Gertraud Schubert sitzen ebenfalls nun bei den Freien Wähler und kandidieren für die Gruppierung auf vorderen Plätzen. Geschwächt sehen sich die Grünen dadurch nicht. Sie schwimmen auf der Erfolgswelle ihrer Partei, haben einen Zulauf wie nie und verweisen stolz auf ihre Liste, die von der Landtagsabgeordneten Claudia Köhler angeführt wird. Viele neue Namen stehen darauf, junge Kandidaten und "geballte Kompetenz", wie die Grünen sagen.

Mit Armin Konetschny schicken sie einen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen, der sich ob der Resultate, die seine Partei bei den vorangegangenen Wahlen in Unterhaching einfuhr, gute Chancen auf eine Stichwahl ausrechnet. Der 56-Jährige hat sich im Wahlkampf vorgenommen, an jeder Haustür in Unterhaching einmal zu klingeln, um sich und seine Ideen vorzustellen. Etwa dass er den überörtlichen Autoverkehr um mindestens 30 Prozent reduzieren will oder dass mit ihm als Bürgermeister Unterhaching in zehn Jahren CO₂-neutral sein soll.

Der Vierte im Bunde um den Chefsessel im Rathaus ist Peter Hupfauer von der FDP. Er glaubt nicht, dass er das Rennen macht, hofft aber mit der Kandidatur zur Stärkung seiner Fraktion beizutragen. Ohne Bürgermeisterkandidaten werben die Freien Wähler um Stimmen. Gestärkt durch die Zugänge von CSU und Grünen, aber auch durch viele neue Mitglieder und dem neuen Vorsitzenden Alfons Hofstetter junior, Sohn des gleichnamigen Zweiten Bürgermeisters, hoffen sie auf eine starke Fraktion im neuen Gemeinderat.

Alle Berichte, Reportagen und Analysen zur Kommunalwahl unter www.sueddeutsche.de/thema/Kommunalwahl_im_Landkreis_München.

© SZ vom 02.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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