Kommunalwahl in Unterföhring:Dickes Fell

Kommunalwahl in Unterföhring: Großprojekt: Der neue Schulcampus mit Gymnasium und neuer Grundschule – hier ein Foto aus dem November – wächst und gedeiht. In Unterföhring sind alle politischen Parteien auch damit befasst, Pläne zu schmieden, um die sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen möglichst sinnvoll einzusetzen.

Großprojekt: Der neue Schulcampus mit Gymnasium und neuer Grundschule – hier ein Foto aus dem November – wächst und gedeiht. In Unterföhring sind alle politischen Parteien auch damit befasst, Pläne zu schmieden, um die sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen möglichst sinnvoll einzusetzen.

(Foto: Robert Haas)

Von Wechselstimmung ist nicht viel zu spüren. Selbst die Herausforderer von Bürgermeister Kemmelmeyer schätzen die Chance, den Parteifreien ablösen zu können, als gering ein.

Von Sabine Wejsada

Für die Unterföhringer SPD war es ein schwarzer Sonntag, als bei der Kommunalwahl vor sechs Jahren das Rathaus verloren ging - und noch dazu der Status der stärksten Fraktion im Gemeinderat. Die Wähler wollten 2014 den Wechsel, vielleicht lag es auch ein wenig am Spitzenkandidaten Thomas Weingärtner, dessen Kampagne nicht verfing. Die beiden Wahlsonntage markierten einen Einschnitt in der Unterföhringer Sozialdemokratie. Und den Beginn der Amtszeit von Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer von der Parteifreien Wählerschaft (PWU). Dieser hatte schon im ersten Wahlgang knapp elf Prozent mehr Stimmen bekommen als Weingärtner. Das Ergebnis in der Stichwahl zwei Wochen später fiel dann noch deutlicher aus: Kemmelmeyer kam auf 62,9 Prozent der Stimmen, Weingärtner wollten nur 37,1 Prozent der Wähler als Rathauschef.

Heute, sechs Jahre später, stellt sich Kemmelmeyer wenig überraschend zur Wiederwahl. Und die SPD? Weingärtner tritt nach der krachenden Niederlage von 2014 nicht mehr an. Das hatte sich schon relativ früh abgezeichnet. Nun will es Philipp Schwarz wissen, der Sohn des langjährigen Unterföhringer Bürgermeisters Franz Schwarz, der 2013 nach zwei Amtsperioden seinen überraschenden Rückzug aus der Ortspolitik angekündigt hatte. Mit dem 38-Jährigen versucht die SPD, das Rathaus in der früheren roten Hochburg im Landkreis München zurückzuerobern.

Schwarz, seit 2014 im Gemeinderat und Sprecher seiner Fraktion, hat sich für seinen Wahlkampf die Devise "Unterföhring weiterdenken" ausgesucht. Für ihn und seine Mitstreiter von der SPD gilt das für alle Bereiche der Kommunalpolitik. Unterföhring habe viel zu bieten, und das für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen, sagt Schwarz, dennoch gebe es Optimierungsbedarf. Zum Beispiel beim Thema Senioren - und auch in der Wirtschaftspolitik. Sollte er Bürgermeister werden, eine seiner ersten Amtshandlungen wäre die Installierung eines Wirtschaftsreferenten im Rathaus, kündigt Schwarz an. Unterföhring sei zwar in der glücklichen Lage, über sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen von Medien- und Versicherungskonzernen zu verfügen, dennoch sollte sich die Gemeinde auf die Suche nach einem dritten Standbein machen, etwa durch die Ansiedlung eines IT-Unternehmens, so der SPD-Kandidat.

Die SPD hatte ganz schön zu kämpfen

Nach der verlorenen Wahl hatten die Sozialdemokraten ganz schön zu kämpfen - mit sich selbst und mit den neuen Mehrheiten im Gremium. Zwischenzeitlich hatte man den Eindruck, der Wahlkampf habe nie so richtig aufgehört. Wann immer sich eine vermeintliche Gelegenheit bot, schossen sich die Sozialdemokraten auf den neuen Bürgermeister von der PWU ein. Die Gruppierung stellte nicht nur den Rathauschef, sondern war bis Anfang 2019 auch die Fraktion mit den meisten Mandaten. Nach dem Wechsel von Gemeinderätin Marianne Rader zur CSU sind die Parteifreien und die SPD wieder gleichauf.

Amtsinhaber Andreas Kemmelmeyer hat sich nach eigenen Angaben in den vergangenen sechs Jahren "ein dickes Fell" zugelegt. "Ich versuche, meinen Beruf so gut wie möglich auszufüllen", sagt er, und das am liebsten über die Kommunalwahl hinaus. Mit Blick auf die vergangenen sechs Jahre habe er zusammen mit der Verwaltung und dem Gemeinderat viel erreicht, auch wenn es nicht immer leicht gefallen sei angesichts der kontroversen Debatten. Als Beispiel nennt er den Schulcampus mit Gymnasium, neuer Grundschule, Sporthalle, Mittagsbetreuung und Hort. Er sehe sich als "Bürgermeister für alle", sagt der Rathauschef, und wolle dies auch bleiben.

Dass er sich in den vergangenen sechs Jahren nichts zuschulden hat kommen lassen, das bescheinigen Kemmelmeyer auch seine Gegner. "Seien wir ehrlich, ein Bürgermeister wird doch nur abgewählt, wenn er goldene Löffel gestohlen hat", sagt CSU-Bürgermeisterkandidat Manfred Axenbeck, der seit 30 Jahren in der Kommunalpolitik aktiv ist. Das hat der Amtsinhaber definitiv nicht. Die Chancen für einen Wechsel seien nicht allzu hoch, räumt er ein. Dennoch kann sich Axenbeck vorstellen, dass Kemmelmeyer in die Stichwahl muss. Gegen ihn? "Schon denkbar", sagt der 55-jährige Schreinermeister, "oder gegen den Philipp Schwarz".

Wahl 2014

Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) mit 62,9 Prozent in der Stichwahl gewählt

Gemeinderat 24 Sitze Wahlergebnis

PWU 9 Sitze 37,8 Prozent

SPD 8 Sitze 33,1 Prozent

CSU 5 Sitze 19,2 Prozent

Grüne 2 Sitze 9,1 Prozent

FDP 0,8 Prozent

Johannes Mecke, Bürgermeisterkandidat der Grünen, wird das wohl kaum gerne hören. Für ihn ist es nach 2002 und 2008 der dritte Anlauf. Er ist wie Axenbeck seit drei Jahrzehnten in der Kommunalpolitik aktiv, lange Zeit als Einzelkämpfer, aktuell sitzt er zusammen mit seiner Frau Gisela Fischer im Unterföhringer Gemeinderat. Wie die Grünen in allen Kommunen im Landkreis München hofft der Ortsverband in der Mediengemeinde angesichts der guten Umfrageergebnisse für die Grünen ebenso auf eine Vermehrung der Mandate im Gremium.

Davon, überhaupt in den Gemeinderat einzuziehen, träumt die örtliche FDP. In Raphael Gutmann stellen die Freien Demokraten sogar einen eigenen Bürgermeisterkandidaten, der freilich nur überschaubare Aussichten haben dürfte. Anzunehmen, dass dieser vor allem Stimmen ziehen soll, damit die FDP eine Chance hat, einen Vertreter in das Gremium zu entsenden, um die Zukunft Unterföhrings mitzugestalten.

Alle Berichte, Reportagen und Analysen zur Kommunalwahl unter www.sueddeutsche.de/thema/Kommunalwahl_im_Landkreis_München.

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