Kommunalwahl in Taufkirchen:Fünf Kandidaten und das Hexenwerk

Bei der Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl geht es fast so hitzig zu wie im Gemeinderat. Die Bewerber von SPD, Grünen, Freien und FDP attackieren den Amtsinhaber. Sander setzt auf Erfahrung und Erfolge

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Bürgermeister zu sein, sei eine herausfordernde Aufgabe, vor der man höchsten Respekt habe - so hört man es in diesen Wahlkampftagen von vielen Amtsinhabern und Herausforderern zwischen Aschaffenburg und Berchtesgaden. Etwas anders sieht das offenbar Michael Lilienthal, der für die Freien Wähler (FW) das Rathaus in Taufkirchen erobern will. Er habe als Gemeinderat mehrere Bürgermeister erlebt, sagte der 65-Jährige. "Und was die machen, ist kein Hexenwerk - mit Verlaub, das kann ich auch." Worauf Amtsinhaber Ullrich Sander (parteifrei) sogleich erwiderte: "Ich kann sagen, dass es enorm hilft, wenn man eine entsprechende Ausbildung hat. Manch einer unterschätzt das."

Dieser Schlagabtausch schon bei den Eingangsstatements gab einen Fingerzeig, was die circa 500 Besucher im Ritter-Hilprand-Hof in den folgenden gut zweieinhalb Stunden erwarten würde. Denn anders als bei einigen Podiumsdiskussionen im Landkreis herrschte bei dieser Veranstaltung von Volkshochschule und Münchner Merkur nur selten Einigkeit zwischen den Kandidierenden fürs Bürgermeisteramt - außer Sander und Lilienthal sind dies Matteo Dolce (SPD), David Grothe (Grüne) und Maike Vatheuer-Seele (FDP).

Kommunalwahl in Taufkirchen: Auf der Bühne prallten die Charaktere aufeinander (von links): Michael Lilienthal (Freie Wähler) ging sofort auf Konfrontationskurs und David Grothe (Grüne) legte nach bei der Diskussion mit Moderatorin Doris Richter, Maike Vatheuer-Seele (FDP), Bürgermeister Ullrich Sander und Mateo Dolce (SPD).

Auf der Bühne prallten die Charaktere aufeinander (von links): Michael Lilienthal (Freie Wähler) ging sofort auf Konfrontationskurs und David Grothe (Grüne) legte nach bei der Diskussion mit Moderatorin Doris Richter, Maike Vatheuer-Seele (FDP), Bürgermeister Ullrich Sander und Mateo Dolce (SPD).

(Foto: Claus Schunk)

Zwar ging es auf der Bühne nicht ganz so hitzig zu wie in etlichen Sitzungen des streitlustigen Gemeinderats. Doch auch auf dem Podium wurde rege und oft kontrovers diskutiert - was zuvorderst an den zwei Männern lag, die Moderatorin Doris Richter zu ihrer Linken platziert hatte.

Da war zum einen Lilienthal, der auf Plakaten damit wirbt, "Klartext" zu reden - und genau das machte der Anwalt in seiner knorrigen, oft undiplomatischen Art. Die MVG-Mieträder seien "total überbewertet", widersprach der FW-Mann seinen Nebensitzern, die das neue Angebot lobten. Und auch die Firma Rock Capital, der etliche Grundstücke im Ort gehören, bekam ihr Fett weg. Mit ihr, so Lilienthal, habe er "inzwischen die Geduld verloren". Zum anderen brachte Grothe Schärfe in die Debatte, da er kaum eine Gelegenheit ausließ, Sander zu attackieren. Ihn störe es, sagte der 33-Jährige mit Blick auf Rock Capital, "dass die Gemeinde mit einem Investor kuschelt, weil man sich etwas davon verspricht". Bei der Vergabe gemeindlicher Wohnungen mutmaßte Grothe gar, "dass da mitunter auch der sehr gute Kontakt zum Bürgermeister weiterhilft".

Für diese Äußerung fing sich der Grüne einen Rüffel von Lilienthal ein, der an die Abmachung der Kandidaten erinnerte, "dass persönliche Angriffe unterbleiben". Derweil ließ sich Ullrich Sander, der für die CSU kandidiert, nur selten provozieren. Vielmehr war er bemüht, Erfolge seiner Amtszeit hervorzukehren. Er verwies auf den Bau gemeindlicher Wohnungen am Riegerweg und verschiedene Projekte, die angestoßen wurden - von der Umsetzung des Fahrradkonzepts bis zur Petition für ein Tempolimit auf der A 995. Betont diplomatisch und mitunter fast staatsmännisch gab sich unterdessen der Herausforderer der zweitstärksten Gemeinderatsfraktion, Matteo Dolce (SPD). Er warb für Wohnungsbau entlang der Tegernseer Landstraße im Norden, für einen neuen Jugendtreff in zwei Bauwägen und für seine langfristige Vision einer Einhausung der Autobahn.

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Mit neuen Ideen glänzen will auch Maike Vatheuer-Seele - wohl wissend, dass sie ebenso wie Lilienthal wohl nur Außenseiterchancen bei der Wahl am 15. März haben wird. Die FDP-Frau forderte einen Nachtbus nach München und ein Jugendcafé in Alt-Taufkirchen; außerdem schlug sie die Gründung einer Bürgerenergie-Gesellschaft nach dem Vorbild Unterhachings vor. Letzteres hält Sander indes für unnötig, denn: "Die Gemeinde ist schon Mitglied bei der Bürger-Energie-Unterhaching, und auch Taufkirchner Bürger können dort mitmachen."

Einig waren sich alle beim Standort für ein Seniorenheim. Dieses solle auf dem Gemeindegrund neben dem Wolfschneiderhof entstehen, dazu Wohnungen für Pflegekräfte - aber keine Bebauung im großen Stil. Auch beim Verkehr herrschte zunächst Eintracht. So forderten die Bewerber unisono eine Geschwindigkeitsbegrenzung für die A 995 sowie Tempo 30 auf Münchner und Tölzer Straße. Beim Dauerbrenner Hohenbrunner Weg gingen die Meinungen aber auseinander. Während Dolce die Ausweisung einer Anliegerstraße befürwortete, lehnten Sander und Lilienthal dies ab, "weil das nur das Problem verlagern würde", so der FW-Kandidat.

Zum Abschluss durften alle eine Wunsch-Schlagzeile formulieren, die sie in den nächsten Jahren in der Zeitung lesen wollen. "Ich habe erst überlegt: Bürgermeister Sander mit überragender Mehrheit wieder gewählt", sagte der Amtsinhaber. Aber dann habe er sich entschieden für: "Bürgermeister löst Wohnungsprobleme." Bei Maike Vatheuer-Seele wird Taufkirchen "Wohlfühl-Gemeinde Europas", bei Matteo Dolce schafft die Kommune die Kita-Gebühren ab, und Michael Lilienthal würde gern lesen: "Neuer Bahnhofsvorplatz gewinnt Schönheitspreis." Ausführlicher wurde es beim Grünen-Kandidaten, in dessen Schlagzeile es um einen Bürgermeister Grothe geht, der "bezahlbaren Wohnraum aus regionalem Holz" schafft. Der Kommentar der Moderatorin zu so viel Weitschweifigkeit: "Ein Praktikum in der Zeitung bräuchten Sie nicht anfangen."

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