Kommunaler Haushalt:Finanzielle Achterbahnfahrt

Das reiche Unterföhring musste wegen Corona sparen. Nun sieht es wieder besser aus - aber die Vorsicht bleibt

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Die Corona-Pandemie beschert nicht nur der Taskforce in der Unterföhringer Gemeindeverwaltung nach wie vor viel Arbeit, sondern wirbelt auch die Finanzen der Kommune ganz schön durcheinander. Das sei wie eine "Achterbahnfahrt", sagte Rathauschef Andreas Kemmelmeyer von der Parteifreien Wählerschaft (PWU) jetzt in der Bürgerversammlung. Unterföhring ist eine der finanzstärksten Gemeinden im Landkreis München, in der in der Vergangenheit die Gewerbesteuern nur so sprudelten. Doch der Trend bei den Einnahmen zeige, dass sich Corona erheblich auf die kommunalen Finanzen auswirke, sagte der Bürgermeister. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 ist seinen Worten zufolge nur eines sicher - "nämlich die Unsicherheit".

Das "Auf und Ab" habe sich bereits 2020 gezeigt. Hatte sich in Unterföhring zu Beginn des ersten Corona-Jahres noch eine positive Entwicklung abgezeichnet, war im April ein Einbruch um 40 Millionen Euro bei den Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen. Unterföhring musste in der Folge seinen im Haushaltsplan ausgewiesenen Ansatz von 70 auf 51 Millionen Euro reduzieren. Doch keine zwei Wochen, nachdem der Gemeinderat im vergangenen November den Nachtragsetat beschlossen hatte, kam es zur Überraschung aller laut Kemmelmeyer zu einer Erholung: Am Jahresende standen sogar 76,2 Millionen in den Büchern der Kämmerei, im Rathaus klingelten die Kassen wieder, weil zwei Betriebe die Vorauszahlungen für 2020 deutlich erhöht hatten, nachdem sich dort offensichtlich ein verbessertes Jahresergebnis abzeichnete.

Mit dieser Erfahrung im Rücken, agierte der Gemeinderat bei den Haushaltsplanungen für 2021 vorsichtig mit einem Gewerbesteueransatz von 60 Millionen Euro. Auch wenn die Kommune diese im laufenden Jahr schon früh um zehn Millionen Euro übertroffen habe, gleiche sich die aktuelle Entwicklung jener des Vorjahres an, so Kemmelmeyer. Der Trend bei den Gewerbesteuereinnahmen habe einige Monate lang wieder nach unten gezeigt, ehe nun wieder eine Erholung zu beobachten sei. Noch Anfang Oktober sah es nach den Worten des Bürgermeisters so aus, als würde der Ansatz im Haushalt mit 56,5 Millionen Euro unterschritten, Mitte des Monats aber kam die frohe Botschaft: Momentan könne Unterföhring mit Einnahmen in Höhe von gut 80 Millionen Euro rechnen. Ob es am Ende dabei bleibt, muss sich zeigen.

Die Rücklagen betragen derzeit 184 Millionen Euro. Eine beträchtliche Summe, die Unterföhring wohl auch brauchen wird, um die zahlreich geplanten Bauvorhaben wie etwas das neue Feuerwehrhaus, die Sanierung der Altbauten der Grundschule oder das Rathaus in der neuen Ortsmitte finanzieren zu können. Welche Projekte es nun in welchem Umfang wirklich sein werden, damit beschäftigt sich von dieser Woche an der Finanzausschuss des Gemeinderats. Kemmelmeyer vermied es zwar, in der Bürgerversammlung von einer weiterhin notwendigen Priorisierung zu sprechen, versicherte den gut 70 Zuhörern allerdings: "Wir werden ganz sicher kein Harakiri betreiben." Vielmehr wolle der Gemeinderat auch in Zukunft eine "verantwortungsvolle Finanzplanung machen". Unterföhring hat nach Angaben des Bürgermeisters in den vergangenen Jahren "wohlbedacht und nachhaltig" in die Infrastruktur für die kommenden Generationen investiert. Und es sei "absolut richtig gewesen, dass wir unser Kapital" nicht auf der hohen Kante gelagert haben, so Kemmelmeyer.

Doch auch im erfolgsverwöhnten Unterföhring sind die Rücklagen endlich: Geht die Lust am Investieren ungebremst weiter, dann werden laut der im Februar 2020 vorgelegten Finanzplanung bis 2023 nur noch 35,2 Millionen Euro auf der Bank liegen. In Hochzeiten war es schon fast eine halbe Milliarde Euro, was bis 2017, als noch niemand von Corona gehört hatte, vor allem den sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen zu verdanken war.

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