Kommentar:Wald wächst nach, Vertrauen nicht

Für das neue Gymnasium in Kirchheim mehrere tausend Quadratmeter zu roden, mag unvermeidbar sein - doch im Bürgerentscheid war anderes versprochen worden

Von Christina Hertel

Wenn Wälder gerodet und Bäume gefällt werden, reagieren Menschen häufig emotional. Doch in Kirchheim, wo das Wäldchen gegenüber dem Gymnasium abgeholzt wird, gibt es womöglich ein noch größeres Problem, als dass ein Stück Natur verschwindet: Das Vertrauen, dass das Wort eines Politikers etwas zählt und dass man mit seiner Stimme etwas bewirken kann, könnte Schaden genommen haben.

Als im Herbst 2017 die Wähler in einem Bürgerentscheid den Plänen für die neue Ortsmitte zwischen Kirchheim und Heimstetten zustimmten, hieß es, das Wäldchen könne erhalten werden. Nun steht fest: Das klappt nicht. Die Bürger fühlen sich hinters Licht geführt - zu Recht. Wenn sie gewusst hätten, dass die Bäume gefällt werden, hätten sie sich damals anders entschieden, sagen Anwohner. Und viele fragen sich, warum sie überhaupt abstimmen sollen, wenn die Politiker dann eh machen, was sie wollen. Solche Stimmungen sind gefährlich. Wer wütend und enttäuscht ist, hat keine Lust mehr auf Argumente. Denn was wäre die Alternative? Das Gymnasium nicht bauen? Den Pausenhof klein und schattig gestalten? Sportanlagen bei einer neuen, modernen Schule weglassen oder zusammenschrumpfen? Die Gemeinde beteuert, dass sie mehr Bäume pflanzen will, als jetzt stehen. Nur wollen das viele nun nicht mehr hören.

Trotzdem liegt der Fehler bei Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Es nützt nichts, dass er jetzt betont, dass er das Wäldchen gerne erhalten hätte, aber es damals eben selbst nicht besser wusste. Denn die Tatsache, dass sich an ersten Entwürfen vieles ändern kann, hätte er im Vorfeld des Bürgerentscheids ehrlicher kommunizieren müssen. Doch Böltl wollte die Kirchheimer und Heimstettener unbedingt für seine Pläne gewinnen und hat deshalb alles möglichst positiv dargestellt. Am Ende ließ sich eine Mehrheit überzeugen. Fraglich ist allerdings, ob beim nächsten Bürgerentscheid, bei der nächsten Beteiligung, beim nächsten Workshop noch einmal so viele mitmachen, wenn sie das Gefühl haben, dass die eigentlichen Entscheidungen woanders getroffen werden.

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