Kommentar:Ungleichheit im Klassenzimmer

Es war der Freistaat, der den Ankauf von Luftreinigern angekündigt hat, aber jetzt nur die Hälfte der Kosten tragen will. Das ist zumal für finanziell klamme Kommunen ungerecht und fördert die Bildungsungleichheit

Von Martin Mühlfenzl

Plötzlich müssen Bürgermeister in ihren Kommunen umsetzen, wogegen sie selbst eigentlich gestimmt haben. Sauerlachs Rathauschefin Barbara Bogner und ihr Ottobrunner Amtskollege Thomas Loderer wurden von ihren Gemeinderäten mehrheitlich beauftragt, Luftreinigungsgeräte für die gemeindeeigenen Schulen anzuschaffen - obwohl sie selbst gegen den Einsatz dieser Geräte sind. Allein dieser Zustand zeigt, was die Staatsregierung und vor allem ihr Kultusminister mit der Forderung, die Kommunen hätten die Sicherheit und den Infektionsschutz in den Klassenzimmern zu garantieren, ausgelöst haben: Chaos, Unsicherheit und auch Ungerechtigkeit.

Faktisch hat Michael Piazolo, Kultusminister von den Freien Wählern, ja recht: Sachaufwandsträger bei den Grund- und Mittelschulen sind die Städte und Gemeinden. Mantraartig wiederholt der Kultusminister, die Kommunen sollten endlich flächendeckend Luftreinigungsgeräte bestellen, die Co-Finanzierung durch den Freistaat stehe. "Es hindert niemand die Kommunen, dort tätig zu werden." Dies ist einer dieser Sätze, mit denen es sich Piazolo aber zu einfach macht. Es war schließlich der Freistaat, der den Ankauf von Luftreinigern angekündigt hat, dementsprechend müsste er diesen auch zur Gänze bezahlen - und nicht nur bis zu 50 Prozent des Anschaffungspreises jedes Gerätes (von den Folgekosten ganz zu schweigen).

Hinzu kommt, dass es auch im Landkreis München Kommunen gibt, die sich Luftreiniger für jedes Klassenzimmer schlichtweg nicht leisten können. Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands, kritisiert vollkommen zurecht, dass Kommunen, die finanziell gut ausgestattet sind, schon längst auf eigene Kosten Luftreiniger angeschafft hätten; und klamme Städte und Gemeinden darauf nun verzichteten. Es ist eine eklatante Bildungsungleichheit, die Fleischmann anprangert und die durch die Staatsregierung befördert wird.

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