Kommentar:Unausgegorenes Konzept

Wenn die bisherige Vergärungsanlage in Kirchstockach nur noch als Umschlagplatz genutzt wird, führt dies zu einer Verdoppelung der Lkw-Fahrten. Mit der versprochenen Entlastung der Anlieger hat das wenig zu tun.

Von Angela Boschert

So langsam wird klar, was mit der Biomüllvergärungsanlage in Kirchstockach los ist. Das einst bestaunte Pilotprojekt ist technisch veraltet und muss Ende des Jahres stillgelegt werden. Davon hätte die Öffentlichkeit eigentlich noch nichts erfahren sollen. Dabei handelt es sich nicht um irgendeinen Betrieb, sondern um das einzige Werk, das der Landkreis München zur Verarbeitung von Küchen- und Gartenabfällen hat. Dieser nicht eben finanzschwache oder kleine Landkreis sucht aktuell auch außerhalb seiner fast 670 Quadratkilometer großen Fläche nach einer Möglichkeit, den Biomüll seiner rund 350 000 Einwohner zu entsorgen und als Biogas zu verwerten.

Der Biomüll soll also künftig noch weiter transportiert werden. Doch damit nicht genug. Die bisherige Vergärungsanlage in Kirchstockach soll als Umschlagplatz genutzt werden. Der anfallende Biomüll wird dort also nur noch von einem Laster auf einen anderen verladen werden. Das muss man sich mal vorstellen: Erst sammeln Lkw den Biomüll in den Landkreisgemeinden ein und fahren ihn auf das Gelände der Firma Ganser, um anschließend leer wieder zurückzufahren. Danach kommen leere Lkw des Verwerters, holen den Müll und bringen ihn zur eigenen Anlage. In Zeiten, in denen CO₂-Einsparung unabdingbar ist, in denen die Bürger vom eigenen Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen sollen, was mit Landes- und Bundesmitteln gefördert wird, da werden willentlich zusätzliche Fahrten mit lauten und abgasschleudernden Diesel-Lkw erzeugt.

Und das nahe an einem Wohngebiet, wo Bürgern seit Langem Entlastung versprochen wird. Doch jetzt: nichts dergleichen. Bis geräuscharme und abgasneutrale Wasserstoff-Lkw fahren werden, wird es noch Jahre dauern. Oder gilt die Ausschreibung des Landkreises nur für alternativ angetriebene Fahrzeuge? Fragen über Fragen. Es ist höchste Zeit, die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Notwendigkeiten und Absichten zu informieren.

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