Kommentar:Ein Prosit auf den Leichtsinn

Dass in Taufkirchen ein Starkbierfest gefeiert wird, dürfte vor allem das Coronavirus freuen.

Von Wolfgang Krause, Taufkirchen

Im Frühjahr 2020 versuchten einige Witzbolde noch, der damals neuen Bedrohung durch das Coronavirus mit Humor beizukommen. Es war gerade Kommunalwahlkampf und die Freien Wähler in Ismaning sahen nicht ein, dass sie ihr Starkbierfest absagen sollten. Parteichef Hubert Aiwanger sprach, freute sich, dass sich die 400 Besucher von der Hysterie nicht anstecken hatten lassen, und verstieg sich zu der Aussage: "Starkbierfeste sind der natürliche Feind des Virus." Inzwischen weiß man dank einer Untersuchung des Helmholtz-Zentrums, dass diese Feste gemeinsam mit der Kommunalwahl stark zur Ausbreitung des Erregers in Bayern beigetragen haben. Umso unverständlicher ist es, dass der Starkbieranstich in Taufkirchen nun trotz Corona stattfinden soll.

Natürlich sind wir heute - dank der Impfung und weil die Omikron-Variante weniger gefährlich erscheint - in einer anderen Situation als vor zwei Jahren. Alle sind ermüdet von den Folgen der Corona-Maßnahmen. Die Einschränkungen in der Gastronomie, der Kultur und im Sport werden nach und nach aufgehoben, und das ist auch gut so. Aber ein Starkbierfest ist - auch wenn dabei ein Krügelredner auf der Bühne ein paar Witze reißt - keine normale Kulturveranstaltung, sondern in erster Linie ein organisiertes Besäufnis. Weil Alkohol bekanntlich enthemmt und mit Kontrollverlust einhergeht, ist die Gefahr einer Ansteckung bei solchen Veranstaltungen besonders groß.

Die Faschingsgesellschaften und die meisten anderen Veranstalter von Starkbierfesten beherzigen das und verzichten auch heuer schweren Herzens noch einmal auf ausgelassene Feiern. Nur die Freunde des Wolfschneiderhofs, der Förderverein des Heimatmuseums in Taufkirchen, ziehen sich darauf zurück, dass eine Kulturveranstaltung ja mit 75 Prozent der möglichen Besucher erlaubt ist. Mag sein, dass sie damit bei den Behörden durchkommen. Und vielleicht geht ja alles gut. Falls nicht, muss man frei nach Aiwanger sagen: Das Virus ist der beste Freund des Wolfschneiderhofs.

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