Kommentar:Politiker hetzen die Menschen auf

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Die irritierenden Äußerungen aus der Staatsregierung zu Straßenerschließungsbeiträgen haben nicht nur finanzielle Auswirkungen in den Kommunen

Von Bernhard Lohr

Wer sich anschaut, wie erbittert Anlieger, Bürgermeister und Gemeinderäte um die Fertigstellung und Abrechnung alter Straßen ringen, der stellt sich die Frage: Wissen die Verantwortlichen in der Staatsregierung und im Landtag, was sie anrichten? Der Schaden, der durch missverständliche Äußerungen entsteht, könnte nicht größer sein. Menschen, die sonst zivilisiert miteinander umgehen, gehen aufeinander los. Behördenvertreter stehen als ahnungslose Bürokraten da. Und Landespolitiker geben ein Bild ab wie Händler auf einem Jahrmarkt. Politik und Staat machen eine schlechte Figur. Der Eindruck: Nicht einmal mehr der Bau und die Finanzierung von Straßen lässt sich im Einvernehmen organisieren.

Ursache allen Übels ist ein schlecht gemachtes Gesetz aus dem Jahr 2016, das eine unsinnige Stichtagsregelung vorsieht, bis zu der bestimmte Straßen herzurichten und abzurechnen sind. Dass das Kommunen unter immensen Druck setzen würde, war absehbar. Aber schuld sind vor allem populistische Äußerungen von Landespolitikern, die ihre Klientel bedienen, indem sie einfach verkünden: Ihr braucht für eure Straßen nicht zu bezahlen. Da geht einiges durcheinander.

Bayern ist ein Rechtsstaat, in dem mancher Akteur die Bedeutung der Gewaltenteilung zu vergessen scheint. Es gibt die Exekutive, das ist die Staatsregierung, den Landtag als Legislative und die Gerichte als Judikative. Wenn alle drei nach klaren Regeln zusammenspielen, funktioniert das Zusammenleben. Doch wenn irgendjemand meint, dass schon Gesetz ist, was ein Minister sagt, dann hat er das nicht zu Ende gedacht. Gleiches gilt für die Justiz. Natürlich handelt eine Staatsanwaltschaft unabhängig. Sie kann tätig werden, sobald der Verdacht der Untreue im Raum steht, weil Beiträge gesetzeswidrig nicht erhoben wurden.

In dem Streit geht es längst um Grundsätzliches. Ja, er rührt nicht zuletzt an das Gerechtigkeitsempfinden und den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Die Politik stärkt gerade das Gefühl bei den Menschen: Wer bezahlt, der ist der Dumme.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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