Kommentar:Geht doch!

Die Rettung des Zindlerhauses zeigt, dass es lohnt, sich dem vermeintlich Unabwendbaren zu widersetzen

Von Lars Brunckhorst

Wer eine unpopuläre Entscheidung rechtfertigen will, verwendet dafür seit einiger Zeit gerne ein Wort, das die Bundeskanzlerin geprägt hat: alternativlos. Ob Bankenrettung, Griechenland-Kredite oder Grenzkontrollen - mit der Vokabel lässt sich geschickt der Eindruck erwecken, dass man selbst die Entscheidung ja auch furchtbar blöd findet, aber leider keine andere Wahl hat. So war das auch mit dem sogenannten Zindlerhaus in Unterföhring. "Es geht nicht anders", begründete Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer im Mai den geplanten Abriss des alten Bahnwärterhäuschens. Dieser sei notwendig, da der Keller schimmlig und modrig sei, sekundierte CSU-Fraktionschef Manfred Axenbeck. Und Johannes Mecke von den Grünen entschuldigte sich für seine Zustimmung mit den Worten: "Es gab doch keine Alternative."

Gibt es doch. Nachdem das Landesamt für Denkmalpflege den kommunalen Entscheidungsträgern glücklicherweise in letzter Minute in den Arm gefallen ist und den Abriss des pittoresken Kleinods verhindert hat, macht man sich in der Gemeinde bereits Gedanken, wie die Kindertagesstätte, der das historische Gebäude zum Opfer fallen sollte, im Einklang mit ihm verwirklicht werden kann. Ein Glück für die Gemeinde, die nicht gerade mit architektonischen und geschichtlichen Reichtümern gesegnet ist. Und ein Lehrbeispiel für andere Orte.

Was der Fall Zindlerhaus nämlich auch zeigt: Es lohnt sich manchmal, vermeintlich Unabwendbarem zu widerstehen. Denn der angebliche Zwang des Faktischen wird oft nur vorgeschoben, um sich nicht um komplizierte Alternativen bemühen zu müssen. Der Fall zeigt außerdem, dass sich die Dampfwalze der scheinbar unaufhaltbaren Siedlungsentwicklung im Großraum doch mitunter stoppen lässt - mit massivem öffentlichen Protest und guten Argumenten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: