Von Zahlen hängt zurzeit alles ab. Wie viele Menschen wir treffen dürfen, wann wir spätestens zuhause sein müssen und ob wir in die Berge fahren können, darüber entscheiden Kennziffern wie R-Wert und Inzidenzzahl, die vor einem Jahr noch fast niemand kannte. Nach ihnen richtet sich auch, welche Masken zu tragen sind, ob Geschäfte und Restaurants schließen müssen oder Schulen wieder öffnen dürfen. Kurz: Die Zahlen, in die Wissenschaftler und Politiker das sogenannte Infektionsgeschehen packen, bestimmen unser ganzes Leben. Entsprechend erwartungsvoll starren die Menschen Tag für Tag auf die Daten, die Ämter und Behörden herausgeben.
Umso schlimmer, wenn diesen nicht vertraut werden kann. So war das seit dem Jahreswechsel im Landkreis München. Schuld waren nicht etwa nur verzögerte Tests und verspätete Laborergebnisse wegen der Feiertage, sondern eine neue Software, die nicht richtig funktionierte. Deshalb wussten selbst die Mitarbeiter im Gesundheits- und Landratsamt nicht, ob sie ihren Zahlen glauben durften. Mal schossen die Infektionen in die Höhe, dann stürzten sie wieder ab; mal sank die Sieben-Tage-Inzidenz unter die Marke von 100, dann näherte sie sich gefährlich dem 200er-Schwellenwert. Als wäre das nicht schon rätselhaft genug, veröffentlichten Landratsamt, Landesamt für Gesundheit und Robert-Koch-Institut auch noch unterschiedliche Werte. Und wer daheim am Küchentisch selbst die innerhalb einer Woche gemeldeten Neuinfektionen zusammenaddierte und dann durch die Bevölkerungszahl teilte, kam wieder auf andere Zahlen.
Dass so ein Kuddelmuddel nicht gerade zur Akzeptanz der massiven Freiheitsbeschränkungen beiträgt, ist verständlich. Warum Verbote akzeptieren, wenn nicht klar ist, ob die Grundlage für diese überhaupt stimmt? Deshalb ist es eine gute Nachricht, wenn das Landratsamt endlich mitteilen kann, dass die Probleme behoben worden seien. Und gut ist auch, dass die Parteien die Pannen im Landratsamt nicht politisch ausgeschlachtet haben. Dies wäre nur Wasser auf die Mühlen der Corona-Leugner gewesen. Geholfen hätte es sonst niemandem.