Kommentar:Die Mär vom ersten Radschnellweg

Verkehrsminister Scheuer rühmt sich gern der Vielfalt seiner politischen Taten, doch wirkt es oft so, als ob der Horizont an der Leitplanke endet

Von Martin Mühlfenzl

Die A 99, eine Ortsumfahrung in Oberfranken und bei Bad Tölz, der Aubergtunnel und viele andere Großprojekte, die angegangen oder in diesen Tagen für etwa 600 Millionen Euro umgesetzt worden sind: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist im Wahlkampfmodus und rühmt sich beim Spatenstich für den achtspurigen Ausbau der Ostumfahrung der eigenen Taten. Und zu denen gehört nach Scheuers eigener Geschichtsschreibung auch, den ersten Radschnellweg von der Landeshauptstadt nach Garching und Unterschleißheim auf den Weg gebracht zu haben. Das ist dreist.

Zur Klarstellung: Die Erweiterung der Ostumfahrung der A 99, einer der meistbefahrenen Transitstrecken Mitteleuropas, ist eine verkehrspolitische Notwendigkeit, die im Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben ist - egal wie der Verkehrsminister heißt. Und vom geplanten ersten Radschnellweg aus dem Landkreis in die Münchner Innenstadt ist noch nicht ein einziger Meter gebaut; vielmehr droht das Prestigeobjekt im nördlichen Landkreis noch von anderen Trassen überholt zu werden. Was auch daran liegt, dass sich Scheuer und sein Ministerium nach wie vor weigern, Radschnellwege mit Bundesstraßen gleichzusetzen; dies aber ist überfällig, um endlich klare Richtlinien bei der Frage der Finanzierung und des Unterhalts dieser für die Verkehrswende so wichtigen Projekte herbeizuführen. So gesehen klingt Scheuers Aussage wie blanker Hohn: "Wir bauen wie nie zuvor Radwege."

Wenn es um Straßen und speziell um die A 99 geht, scheint der Minister offensichtlich verstanden zu haben, welche Investitionen in diesem Bereich zwingend notwendig sind. Was Scheuer augenscheinlich nicht erfasst hat, ist die Tatsache, dass eine prosperierende Wirtschaftsregion wie der Landkreis München eine auf die Zukunft ausgerichtete Infrastruktur benötigt. Alleine mit neuen Autobahnen und Straßen kann das anhaltende Wachstum nicht bewältigt werden. Es bedarf deutlich mehr und schnellerer Investitionen in Radwege, die Pendler im Alltag nutzen können. Der Horizont darf nicht an der Leitplanke enden.

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