Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Die Freude könnte kurz sein

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Sollte die Koalition in Berlin platzen, müsste Bela Bach schon bald wieder um ihr Bundestagsmandat bangen

Von Lars Brunckhorst

Wer hätte gedacht, dass Bela Bach doch noch politisch Karriere macht? Sie selbst ja nicht mehr. Nach zwei erfolglosen Bundestagswahlen und der verkorksten Landtagswahl 2018 hatte die einstige Nachwuchshoffnung der Sozialdemokraten den Parteivorsitz im SPD-Unterbezirk München-Land Anfang des Jahres abgegeben. Eine abermalige Kandidatur für den Bundestag - das schien sich im April erledigt zu haben. Zwar steht Bach zur Kommunalwahl 2020 auf der Liste ihrer Partei für den Kreistag, doch ein hauptberuflicher politischer Lebensweg außerhalb des Landkreises war weit weg. Seit Dienstag nun ist die 29-jährige Planeggerin die klare Nummer eins der Genossen im Kreis.

Indem sie in den Bundestag nachrückt, lässt sie etliche Parteifreundinnen hinter sich: Landratskandidatin Annette Ganssmüller-Maluche, Fraktionschefin Ingrid Lenz-Aktas, ja selbst Natascha Kohnen, die Chefin der Bayern-SPD und Landtagsabgeordnete aus Neubiberg. Dass jemand aus den hinteren Reihen so nach vorne durchstartet, ist selten in der Politik. Spät, aber doch hat sich damit der gute Listenplatz ausgezahlt, den Bach von ihrer Partei bei der Bundestagswahl 2017 bekommen hatte - und der ihr bei einem weniger schlechten Abschneiden der SPD schon damals ein Mandat gebracht hätte. Die Rechnung ihres Ziehvaters Peter Paul Gantzer, des einstigen Landtagsabgeordneten aus Haar, ist damit am Ende aufgegangen.

Gut möglich allerdings, dass Bachs Freude und die der Genossen über den neuen direkten Draht nach Berlin kurz währt. Sollte die Koalition platzen und es Neuwahlen geben, müsste Bach schon bald wieder um ihr Mandat bangen. Ebenfalls gut möglich daher, dass sie - bislang eine Kritikerin der Groko - ihre Unterstützung für Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken bei der Neuwahl des SPD-Vorsitzes noch einmal überdenkt. Beide treten für ein Ende der Koalition ein. Setzen sie sich durch, könnte die überraschende Karriere rasch wieder zu Ende sein. Das wäre schade, ist Bach doch eines der wenigen jungen Talente in der SPD.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2019
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