Kommentar:Aus den Augen, aus dem Sinn

Die Landeshauptstadt wälzt Verkehrsprobleme auf den Landkreis ab. Das dürfen sich der Landrat und die Bürgermeister nicht gefallen lassen

Von Martin Mühlfenzl

Die Kommunalpolitiker im Münchner Rathaus verstehen die eigene Stadtgrenze tatsächlich als Tellerrand. Und über diesen wollen sie nicht hinausschauen. Deutlich wird dies dann, wenn mal wieder Pläne für das gigantische Siedlungsprojekt zwischen Unterföhring, Englschalking und Aschheim vorgelegt werden, wo einmal 30 000 Menschen leben und 10 000 arbeiten sollen. Dort eingezeichnet sind auch wichtige Straßen, die aber urplötzlich an der Grenze der Stadt enden. Und dann? Die endlose, öde, unbefahrene Weite.

Die Haltung der Münchner ist mehr als ignorant. Sie wissen genau, dass hinter Oberföhring, Englschalking und Daglfing die Erde nicht abrupt abbricht. Es ist vielmehr eine sehr bewusste Entscheidung, auf Entwürfen den Landkreis konsequent zu ignorieren - und ihn vielmehr mit den massiven Konsequenzen, die ein derartiges Neubauprojekt mit sich bringt, allein zu lassen. Die neue Mega-Siedlung soll schließlich über die Kreisstraße M 3 erschlossen werden. Und die liegt, wie der Name unschwer erkennen lässt, nicht in der Landeshauptstadt. Vielmehr ist sie eine der ohnehin schon überlasteten Trassen im Landkreis, die Aschheim mit dem Föhringer Ring verbindet. Dass die Landeshauptstadt den Verkehr in den Landkreis auslagern will, liegt schlicht daran, dass ihr eigenes Straßennetz den zusätzlichen Verkehr nicht mehr bewältigt. Laut sagen will das in München aber niemand.

Aus den Augen, aus dem Sinn. So lässt sich die Politik der Landeshauptstadt zusammenfassen. Die Bürgermeister im Münchner Norden und Landrat Christoph Göbel dürfen sich diese Art der Problemverlagerung nicht gefallen lassen und müssen darauf pochen, dass die Stadt eigene, konstruktive Ansätze findet, um hausgemachte Probleme zu lösen. Auf ihrem Gebiet, jenseits der prosperierenden und ebenfalls rasant wachsenden Landkreiskommunen.

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