Kreis und quer:Winter is coming

Wie man in diesen Tagen am besten für die kalte Jahreszeit vorsorgt, zeigt ein Bilderbuch.

Kolumne von Lars Brunckhorst

In diesen Tagen, da alles flirrt und sirrt, fällt es schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren und an den Winter zu denken. Statt uns mit Feuerholz einzudecken oder Fenster und Türen gegen Zugluft abzudichten, liegen wir ermattet am Isarstrand oder bestellen uns eine zweite Radlermass an der Kugler Alm. Und in Grünwald sagt ein CSU-Gemeinderat in einer Debatte übers Energiesparen: "Wer es sich leisten kann, soll auch seinen Pool heizen."

Dieser schier unwirklich erscheinende Sommer mit seiner nicht enden wollenden Sonne-und Hitzeperiode erinnert ein wenig an den September des Schicksalsjahres 1939. Während im Osten Europas Kanonen schossen, genoss man im Rest des Kontinents die milden Spätsommertage. "Drôle de guerre", seltsamen Krieg, nannten die Franzosen diese frühe Phase des Zweiten Weltkriegs, es schien zu dem Zeitpunkt nicht sicher, ob die Kampfhandlungen überhaupt jemals das Territorium der "Grande Nation" erreichen würden. Während Hitler-Deutschland Polen überfiel, saßen sich französische und deutsche Soldaten an der späteren Westfront friedlich gegenüber, spielten Karten und tauschten Zigaretten, und in Paris schlenderten die Flaneure über die Trottoirs und tranken im Café einen Pastis. Parallelen zum Krieg heute in der Ukraine und dem heiter, unbeschwerten Sommer hier? Mag jeder selbst finden.

Doch so ist der Mensch nun mal: Selbst im Angesicht der unmittelbaren Gefahr schafft er es nicht, Vorsorge zu treffen, sondern vergeudet seine Zeit im Hier und Jetzt. Prokrastination nennt der Psychologe dieses pathologische Verhalten, das von Herausforderungen wie Steuererklärung und Altersvorsorge oder einfachen Tätigkeiten wie Kelleraufräumen vertraut ist. Und so registriert die große Masse staunend, dass Brennholz mittlerweile knapper und teurer als Gas ist und Heizlüfter in den Baumärkten ausverkauft sind. Denn es gibt auch die Gegenseite zur Aufschieberitis: die Präkrastination! Wer nun aber denkt, diese Spezies sei besser dran, irrt. Der Drang, alles schnell, am besten gleichzeitig und vor allem rechtzeitig erledigen zu müssen, führt zu ungesundem Stress und am Ende Burn-out. Damit ist letztlich auch niemandem geholfen. Genauso wenig wie mit dem Antrag, den die FDP diese Woche im Kreistag einbrachte. Die Liberalen fordern darin vom Landrat einen Hitzeaktionsplan für den Landkreis München. Eigene Vorschläge: Fehlanzeige.

Zur richtigen Vorsorge sei daher all jenen, die noch keine Vorräte für Putins Gaswinter angelegt haben, das schöne Bilderbuch über die Feldmaus Frederick von Leo Lionni ans Herz gelegt. Darin sammeln die kleinen Mäuse eifrig Körner, Nüsse und Stroh für den Winter, bis auf Frederick. Als seine Freunde ihn fragen, warum er nichts arbeite, antwortet Frederick: "Ich arbeite doch. Ich sammle Sonnenstrahlen, Farben und Wörter für die langen, dunklen Wintertage." In diesem Sinne: raus an die Isar, den Deininger Weiher oder in die Waldwirtschaft.

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