Kreis und quer:High Performer ohne Pups

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Dicke Autos in Grünwald. (Foto: Claus Schunk)

Was Oscar-Preisträger mit Verkehrsminister Wissing und Grünwalder Autofahrern gemein haben.

Kolumne von Udo Watter

Anfang der Woche gab es Neues von der Westküste: Die aktuelle Verfilmung von "Im Westen nichts Neues" hat mit neun Oscar-Nominierungen nicht nur den bisherigen deutschen Spitzenreiter "Das Boot" (sechs Nominierungen) übertroffen, sondern im Gegensatz zu dem von der Bavaria Film produzierten Werk (1981) auch noch vier Preise in Hollywood abgeräumt. Im Grünwalder Ortsteil Geiselgasteig wird man das aber wohl verschmerzen können, zumal man ja auch darauf verweisen könnte, dass die Bavaria Film Studios etwa bei der Realisierung von "Cabaret" eine wichtige Rolle spielten - das Filmmusical mit Liza Minnelli gewann 1973 gleich acht Oscars. Da kommt selbst der eigentliche Großgewinner von 2023, die siebenmal ausgezeichnete Fantasy-Komödie "Everything Everywhere All at Once" von Daniel Kwan und Daniel Scheinert, nicht mit. Das Regie-Duo wurde 2016 bekannt mit der Film-Groteske "Swiss Army Man", in der der einstige Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe als permanent pupsende Leiche auftritt.

Der aktuelle Treibhausgasbericht des Landkreises München deutet an, dass auch anderswo zu viel emittiert wird. Das korrespondiert wiederum mit einer in dieser Woche publizierten Prognose des Umweltbundesamts (UBA), die vor allem den Verkehrsbereich als Sorgenkind ausmacht. Da sind die Emissionen weiter gestiegen statt gefallen. So lange Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) freilich noch mit einem Hauch von Dummstolz erklärt, dies sei "Ausdruck einer dynamischen Wirtschaft und einer Gesellschaft, für die Mobilität ein hohes Gut ist", wird das wohl auch so bleiben. Leistungsträger, yeah! Mit Gas ist besser.

Mobilität klingt zwar flott und zeitgemäß, aber Autofahren hat heute generell wenig mit dem ästhetischen Hochgefühl zu tun, das einen erfasst, wenn man durch schöne Landschaften düst und die Kurvenlage genießt. Wenn immer mehr adipöse Wagen mit Trittbrett und brutalistischer Frontgestaltung in und rund um München im zähflüssigen Verkehrsstrom dahin zockeln, ist das eher eine Mobilität des rasenden Stillstands. Immerhin: Bei solchen Gelegenheiten könnte auch manch High-Performer aus dem Isartal die surreale Erfahrung machen, dass die Tachonadel unter 30 Stundenkilometer fällt - ohne Folgeschäden für das Auto. Ob er deswegen auch in offiziell verkehrsberuhigten Zonen vom Gas ginge, ist indes zweifelhaft. Immerhin: Die Anwohner könnten bei langsameren Tempo die überdimensionierten Mercedes-Sterne und BMW-Nieren an den Frontpartien ausführlicher bewundern.

Der schönste Traum von Mobilität wäre freilich, mit einem echten High Performer, dem Glücksdrachen "Fuchur" aus der Bavaria Filmstadt, abzuheben und über den Perlacher und Grünwalder Forst zu fliegen. Und dabei noch ein bisschen Windenergie zu erzeugen.

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