Klinikum Harlaching in München:Personalmangel gefährdet Klinikbetrieb

Klinik-Skandale in München - und kein Ende: Jetzt warnen Assistenzärzte des Krankenhauses Harlaching in einem internem Schreiben vor lebensbedrohlichen Zuständen für die Patienten.

Dominik Hutter

Der Personalmangel im Klinikum Harlaching hat offenbar bedrohliche Ausmaße angenommen. Laut einem internen Schreiben an die Krankenhausdirektorin Gabriele Schmidt-Maaß, das der SZ vorliegt, halten es die Harlachinger Assistenzärzte nur noch für eine Frage der Zeit, "bis die ersten Patienten ernsthaften Schaden erleiden".

Klinikum Harlaching in München: Städtisches Klinikum Harlaching: In einem internen Schreiben der Assistenzärzte heißt es, in dem Krankenhaus gebe es derart wenige Mitarbeiter, dass es schon bei Ausfall einer Person "immer wieder zum Zusammenbruch des geordneten Betriebs" komme.

Städtisches Klinikum Harlaching: In einem internen Schreiben der Assistenzärzte heißt es, in dem Krankenhaus gebe es derart wenige Mitarbeiter, dass es schon bei Ausfall einer Person "immer wieder zum Zusammenbruch des geordneten Betriebs" komme.

(Foto: Catherina Hess)

Die Engpässe sowohl beim Pflegepersonal als auch bei den Ärzten seien derart frappant, dass die Assistenzärzte ihren Brief nicht als Warnung, sondern vielmehr als "Aufforderung, endlich zu handeln" verstanden wissen wollen. Die Führungsspitze des städtischen Klinikkonzerns bestätigte Lücken im Personalbestand, verwies aber auf die Sparzwänge sowie die Schwierigkeiten, im teuren München geeignete Mitarbeiter zu rekrutieren.

"Es brennt", erklärte auf SZ-Nachfrage ein Harlachinger Insider, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Die Schwelle, bis zu der die Klinikbeschäftigten die Situation noch mittragen könnten, sei überschritten. Entsprechend sei der Brief der Assistenzärzte keineswegs der erste Hinweis auf die Missstände. Auch die Mitarbeiter zweier Intensivstationen hätten sich bereits an die Klinikleitung gewandt.

In dem von den "Assistentensprechern, stellvertretend für alle Assistenten" unterzeichneten Brief werden alarmierende Vorfälle beschrieben. So könnten manche Vorbereitungen für Operationen nur verspätet oder gar nicht ausgeführt werden, dazu zähle etwa das Nüchtern-lassen vor Magenspiegelungen. Immer häufiger komme es zu "Beinahe-Katastrophen", die zwar dokumentiert, letztlich aber auf der Verwaltungsebene nicht wahrgenommen würden.

Hygiene-Richtlinien "nur unzureichend" eingehalten

Angesichts der Personalknappheit sei es "offensichtlich", dass auch die Hygiene-Richtlinien oft nicht eingehalten werden könnten. Wo die Mitarbeiter für derart viele Patienten gleichzeitig zuständig sind, werde es früher oder später passieren, dass in akuten Notfällen die Desinfektion der Hände oder das Anlegen eines Schutzkittels "nur unzureichend ausgeführt wird", warnen die Assistenzärzte.

In Harlaching gebe es momentan derart wenige Mitarbeiter, dass es schon bei Ausfall einer Person "immer wieder zum Zusammenbruch des geordneten Betriebs" komme. Bei den Ärzten seien sogar "schon des öfteren Beinahezwischenfälle, die potentiell auch lebensbedrohlich waren", dokumentiert worden.

"Wir nehmen den Brief sehr ernst", versicherte Kliniksprecher Michel Rodzynek - auch wenn man strukturelle und betriebliche Probleme eigentlich nicht in der Öffentlichkeit diskutieren wolle. "Es fehlt an Leuten, das stimmt". Deutschlandweit würden derzeit 5000 Klinikärzte benötigt, das Problem sei also keineswegs spezifisch für das Harlachinger Krankenhaus oder den Münchner Klinikkonzern. Die Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal für das hochpreisige München zu bekommen und gleichzeitig die Kosten im Griff zu halten, führten bereits dazu, dass Betten bewusst nicht mehr belegt würden. Rodzynek zweifelt allerdings an einigen Details aus den Schilderungen der Assistenzärzte. Die Vorstellung, Magenspiegelungen würden bei nicht nüchternen Patienten ausgeführt, sei "unrealistisch". Entsprechende Dokumentationen lägen zumindest der Klinikspitze nicht vor.

Die Geschäftsführer des Klinikkonzerns, Franz Hafner, Birgitta Köbach und Dieter Daub, statteten dem Harlachinger Krankenhaus am späten Montagnachmittag einen Besuch ab. Dabei sollte, wie Rodzynek bestätigte, auch über den Personalmangel gesprochen werden, unter anderem bei einem Treffen mit den Chefärzten. Die Struktur des städtischen Klinikkonzerns wird nach dem Hygieneskandal derzeit per Gutachten untersucht. Dabei soll, so hat es der Aufsichtsrat beschlossen, auch eine Studie zum Themas Pflege verfasst werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: