Klimaschutz:Langstreckenlauf ohne Fußabdruck

Klimaschutz: CO₂-Schleudern die Zähne zeigen: Zum Start der Aktionswochen lässt sich Anita Reiprich von Iskender Sahingöz ein Lastendreirad erklären.

CO₂-Schleudern die Zähne zeigen: Zum Start der Aktionswochen lässt sich Anita Reiprich von Iskender Sahingöz ein Lastendreirad erklären.

(Foto: Claus Schunk)

Im Landkreis München findet vom 4. Oktober bis 14. November 2021 der erste "Klimathon" statt. Bei der Aktion sollen die Teilnehmer mit Hilfe einer App lernen, wie sich Klimaschutz in den Alltag integrieren lässt.

Von Anna Lea Jakobs

Der Mann, der die Nachricht vom Sieg der Athener über die Perser bei Marathon in der Heimatstadt überbracht haben soll, war im Sinne des Klimaschutzes vorbildlich unterwegs - er ist gelaufen. Die Bürger und Bürgerinnen des Landkreises München, die zwischen dem 4. Oktober und dem 14. November bei der sechswöchigen Aktion "Klimathon" mitmachen, müssen sich natürlich nicht so verausgaben wie der legendäre Laufbote, der am Ort seiner Ankunft mit den Worten "Wir haben gesiegt" gestorben sein soll; sie werden vielmehr zu lernen versuchen, wie man die Welt lebenswert erhalten kann, indem man im Alltag klimafreundlicher handelt.

Das Projekt des Landkreises umfasst 42 Tage, was in etwa der Distanz eines Marathons in Kilometern entspricht. "Denn Klimaschutz ist ein Langstreckenlauf", betont Ismael Leitmannstetter, Mitorganisator und Klimaschutzmanager der Gemeinde Pullach. Auch Nichtsportler dürften freilich bei der Aktion mitmachen, scherzt der 32-Jährige.

Insgesamt elf Kommunen des Landkreises München nehmen an dem Pilotprojekt teil, darunter Aschheim, Brunnthal, Gräfelfing, Grasbrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Kirchheim, Pullach, Taufkirchen, Unterhaching und Unterschleißheim. Auch Bürger, deren Kommunen sich nicht direkt beteiligen, dürfen sich registrieren. Während der Klimaaktion wird ein "bunter Blumenstrauß" an Herausforderungen angeboten, wie Leitmannstetter es nennt. Diese wählen Teilnehmer in der App "Klimakompass" des Münchner Unternehmens Worldwatchers aus, um sie für mindestens eine Woche zu bewältigen. Bei Erfolg werden sie mit Punkten belohnt.

Jede der sechs Wochen richtet sie sich nach einem Thema - von Mobilität, Ernährung, Wohnen, Urlaub und Freizeit, digitales Leben bis hin zu Konsum. "Weil Klimaschutz nicht nur ums Autofahren geht, sondern um so viel mehr", betont Petra Halbig von der Stadt Unterschleißheim. In der ersten Woche müssen Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf Fahrrad, Bus oder Bahn zurückgreifen und das Auto zu Hause stehen lassen. Den Benutzern wird dabei auf der App angezeigt, wie viel CO₂ sie durch einzelne Aufgaben einsparen können. "Es geht jedoch nicht darum, das Verzichtsnarrativ anzuwenden", betont Ismael Leitmannstetter.

Vielmehr soll der Klimathon zeigen, wie einfach und spielerisch sich Klimaschutz in den Alltag integrieren lässt. "Es mangelt keinem mehr an Wissen oder an Daten, sondern oft an der Praxis", so Halbig. Als sie von dem Projekt gehört hat, war für sie klar, dass auch ihre Stadt Unterschleißheim mitmachen muss. Ob es der Weg zum Bäcker zu Fuß oder mit dem Fahrrad statt dem Auto sei oder die Heizung um ein Grad kälter zu stellen, jede Handlung zähle.

Teams und Einzelpersonen können mitmachen

Mitmachen kann jeder im Landkreis, als Team oder Einzelperson. Es können sich auch Schulen, Vereine und Unternehmen anmelden. In Pullach steigt die Mittelschule in den Ring und landkreisweit der Kreisjugendring. Auch Andreas Fend ist mit Mitgliedern des Kleingartenprojekts "Urban Gardening" aus Unterschleißheim dabei. Der 41-jährige IT-Spezialist freut sich auf den regen Austausch innerhalb des Teams. "Ich würde aber auch gerne mit anderen Teams in Kontakt kommen und über die einzelnen Challenges fachsimpeln". Er kompensiere zwar schon seit Jahren seinen CO₂-Fußabdruck an seinem Geburtstag, eine Herausforderung wird der Klimathon wohl dennoch sein.

Neben dem Klimaschutz-Wettbewerb finden in den Kommunen und in der Region passend zum Thema der Woche Veranstaltungen statt. Am 11. Oktober etwa gibt es eine Lesung in der Grafinger Stadtbücherei (Landkreis Ebersberg) über eine Familie, die versucht CO₂-neutral zu leben. Am 16. Oktober können Interessierte dem Vortrag "Klimaschutz mit Messer und Gabel" im Unterschleißheim lauschen. Auch Serviceleistungen werden angeboten, wie das Ausleihen eines Lastenrads in Pullach.

Das Projekt findet im Rahmen der Klima- und Energieinitiative 29++ statt. Diese arbeitet seit 2016 daran, den Landkreis München klimafreundlicher zu gestalten. "Die Gemeinden müssen vorangehen mit Klimaschutz-Maßnahmen, aber auch mit Projekten, um Bürger aufzuklären", findet Leitmannstetter. Es sei vor allem die Unmittelbarkeit, durch die kommunaler Klimaschutz punkten könne. Schulen und Vereine können direkt kontaktiert, Bürger durch Instagram oder das Gemeindeblatt schnell erreicht werden.

Durch die Nutzung diverser Kanäle versuchen die Organisatoren, Jung und Alt zu erreichen. Leitmannstetter schätzt, dass die Altersspanne der registrierten Teilnehmer zwischen 15 bis 85 liegt. Ihn sprach letztens eine über 80-Jährige an, ob sie denn auch ohne Internet und Smartphone mitmachen könne. Er erzählte ihr von der Patenchallenge, bei dem Teilnehmer Menschen, die keinen Zugang zur App haben, eintragen und über deren Klimaverhalten berichten können.

Zu einer Institution wie das Stadtradeln wollen die Organisatoren den Klimathon machen, es "peu à peu mit Leben füllen", wie Leitmannstetter sagt. Andreas Fend kann sich vorstellen, auch künftig beim Klimathon anzutreten und sich neuen Herausforderungen zu stellen.

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Der Landkreis München initiiert einen Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer im Oktober und November möglichst viel CO₂ einsparen sollen. Dazu gibt es per App Tipps für verschiedene Lebensbereiche.

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