Die Kinder von der Kita abholen, der Besuch bei der Mutter, der Weg zur Arbeit - und zwischendrin noch den Einkauf erledigen. Der hektische Alltag vermittelt einem oft, dass dies nur mit dem Auto möglich ist. Allerdings ist dies natürlich keine sehr klimafreundliche Lösung, es geht aber oft nicht anders. Vor allem, wenn man außerhalb der Stadt wohnt, wo es häufig an Alternativen fehlt.
Das weiß auch Jörg Überla, Gründer der App "Tramling". Das Start-up aus Icking macht sich mit der Initiative "Gemeinsam ans Ziel" für einen CO₂-neutralen Autoverkehr stark. Am Freitag hat Überla mit Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) die Initiative in einem Online-Gespräch vorgestellt. Kirchheim beteiligt sich mit einem Pilotprojekt an der Initiative. In den ersten drei Monaten übernimmt die Gemeinde für die ersten 100 Teilnehmer und für insgesamt 50 000 Kilometer die Kosten - und forstet gleichzeitig 10 000 Quadratmeter Wald auf.
Vor der Autofahrt wird Tramling aktiviert und der Autotyp ausgewählt. Anhand der zurückgelegten Kilometer berechnet die App den CO₂-Fußabdruck des Nutzers. Er wird dann eins zu eins durch das Stilllegen von EU-Emissionsrechten sowie durch lokale Klimaschutzprojekte in Deutschland kompensiert.
Der Europäische Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Mit ihm sollen die Treibhausgas-Emissionen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie reduziert werden. Für jede Tonne CO₂ muss sozusagen ein Emissionsrecht vorliegen. Teile dieser Rechte zieht die App nun aus dem Verkehr. Die Reduktion der vorhandenen Rechte ist auch ein Anreiz, auf umweltfreundliche Alternativen umzusteigen. Verteuerung durch Verknappung - so die Vision des Start-ups.
"Das Vermeiden von Autofahrten hat natürlich Priorität."
Aber Autofahren für das Klima? Ist das nicht ein Widerspruch in sich. "Nein", sagt Böltl. "Das Vermeiden von Autofahrten hat natürlich Priorität." Aber in ländlichen Orten wie Kirchheim gebe es heute noch keine wirkliche Alternative zum Auto. "Mit der App kann man nun trotz einer Autofahrt, die sich nicht vermeiden lässt, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten", sagt der Rathauschef.
Böltl sieht noch einen weiteren positiven Nebeneffekt. Mit der App könne man je nach Autotyp genau erkennen, wie viel CO₂ eine Fahrt produziere. "So schafft man auch ein Bewusstsein für die ausgestoßenen Emissionen", sagt der Bürgermeister. Ein Vergleich von verschiedenen Automodellen sei dadurch möglich.
Auch Überla ist sich sicher, dass man mit der App keinen falschen Anreiz setzt. Man dürfe nicht vergessen, dass es eher umweltbewusste Menschen seien, die die App überhaupt herunterladen. Und letztlich dürfe man nicht vergessen, dass jeder kleine Beitrag zum Klima zähle. "Es ist wie beim Fleischessen", sagt Überla. Den Konsum etwas zu reduzieren sei immer noch besser als gar nichts zu tun, und lasse sich einfacher umsetzen.
Tramling soll künftig noch mehr können: Mit der App wolle man auch gemeinschaftliche Fahrten organisieren, über eine Art Mitfahrgelegenheit. Das soll helfen, die Zahl der Autofahrten zu reduzieren. Das hänge aber stark davon ab, wie intensiv und flächendeckend die App genutzt werde. Tatsächlich funktionieren aktuell gerade dort, wo die Infrastruktur schlecht ist, ähnliche Carsharing-Modelle nur bedingt.
Offiziell wird die App zum kommenden "World Earth Day" am Donnerstag, 22. April, eingeführt, an dem international Aktionen zum Umweltschutz stattfinden. Bis dahin sollen mit der App von allen bisher aktiven Anwendern eine Millionen Kilometer neutralisiert werden, so das Ziel.
Die App ist kostenlos im App-Store und Play-Store verfügbar. Sie verzichtet laut Angaben von Tramling auf jede Art kommerzieller Nutzung von personenbezogenen Daten, und die personenbezogenen GPS-Daten würden täglich gelöscht. Informationen gibt es unter www.gemeinsam-ans-ziel.eu oder unter www.kirchheim-heimstetten.de.