Klavierfestival:Zeitlos frischer Esprit

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Leichthändig und zugleich tiefgründig: der Franzose Martial Solal beim Improvisieren. (Foto: Claus Schunk)

Der 91-Jährige Jazzpianist Martial Solal fasziniert und amüsiert in Ottobrunn

Von Udo Watter, Ottobrunn

Er ist ein Beherrscher des rhythmischen Ausnahmezustands. Das Unerwartete scheint bei ihm immer logisch und so nimmt es nicht wunder, dass sich der nicht mehr ganz so junge Mann zum Ende des Stückes hin scheinbar unmotiviert vom Klavierhocker erhebt und en passant mit einer trockenen glissandoartigen Pointe seine Interpretation ausklingen lässt. Im Stehen. Kurz sieht es so aus, als würde er sich denken, "c'est fini", und gleich die Bühne verlassen.

Martial Solal, der große französische Jazz-Pianist, ist natürlich geblieben, und das Publikum dankte ihm die kleine Verschmitztheit mit einem kollektiv kultivierten Schmunzeln. Der inzwischen 91-Jährige, der zum 5. Klavierfestival nach Ottobrunn gekommen war - am Abend zuvor spielten die skandinavischen Jazzpianisten Bobo Stenson und Ketil Bjørnstad - ist ja dafür bekannt, raffiniert herausgearbeitete Pointen zu setzen: mal inmitten vertrackter metrischer Exkursionen, mal als Pause zwischen Klangfarbenmalereien oder eben als beiläufig inszenierten komischen Effekt zum Schluss.

Auch wenn er mit dem Publikum spricht, entfaltet er Schalk: "I hope you are better than me...", sagt er gleich zu Beginn des Konzertes. Um dann hinzuzufügen: "I mean younger." Nun, Solal mag ein hohes Alter erreicht und manchmal auf seinem Zettelchen nachsehen müssen, was er als nächstes spielen könne - aber seine Stücke, seine Improvisationen atmen einen zeitlos frischen Esprit. Es sind raffinierte Ausflüge über die Tasten, leichthändig federnd und zugleich spannungsvoll, ob er sich nun an Duke Ellington, Mozart oder bekannten Melodien wie "Frère Jacques" ("Bruder Jakob") und "Happy Birthday" orientiert. Der Mann, der Jazzgeschichte geschrieben und mit vielen anderen Größen des Genres zusammengearbeitet hat sowie auch als Komponist von Filmmusik reüssierte, fordert dabei seine Zuhörer stets. Die danken es ihm, auch etliche Jazzkritiker sind an diesem Abend in Ottobrunn zugegen, und der BR nimmt das Konzert auf.

Für Cornelius Claudio Kreusch, der als Jazzpianist von Solal geprägt wurde, und Johannes Tonio Kreusch, die beiden künstlerischen Leiter der "Ottobrunner Konzerte", war dies der schöne Abschluss eines Jubiläumsjahres, in dessen Verlauf auch andere Musikgrößen wie Giora Feidmann oder Pepe Romero die mittlerweile zehnjährige Konzertreihe mit ihren Auftritten bereicherten.

© SZ vom 17.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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