Süddeutsche Zeitung

Pullacher Kommunalpolitik:Ein bisschen Frieden

Die Gemeinderäte treffen sich zu einer Klausur und vereinbaren einen anderen Umgangston. Der Hauptkritiker der Bürgermeisterin allerdings fehlt.

Von Michael Morosow, Pullach

Es könnte ein Bild mit Symbolkraft sein, zu dem sich 16 Mitglieder des 20-köpfigen Gemeinderates der Gemeinde Pullach im französischen Garten der Burg Schwaneck am Samstag zusammengefunden haben: breit aufgestellt, alle auf einer Linie. Wenn sich dann auch noch Hermann Hesses Weisheit, wonach jedem Anfang ein Zauber innewohnt, auf die politische Bühne der Isartalgemeinde übertragen ließe, dann wäre jetzt wohl Schluss mit dem Zeit und Kraft raubenden Gezänke während der Sitzungen und würde die gerade begonnene Amtsperiode im Zeichen konstruktiven Miteinanders stehen. Das soll sie auch, jedenfalls ist ein wesentliches Ergebnis der Besprechungen auf dem grünen Rasen die Absichtserklärung der Teilnehmer, künftig kollegialer miteinander umzugehen und die Sachfragen in den Vordergrund zu stellen.

Dass zu den vier beim Treffen fehlenden Gemeinderäten ausgerechnet auch Alexander Betz (FDP) zählte, der seit Monaten in scharfem Ton insbesondere Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne), aber auch andere im Gremium angriff und maßregelte, hat nach seiner eigenen Darstellung ausschließlich familiäre Gründe. "Ich bin Vater geworden und habe in der Babyzeit auch meine Arbeit als Rechtsanwalt ruhen lassen", begründet er sein Fehlen. Wie er zur Friedensabsicht des Gremiums steht? "Ich bin skeptisch, ob das hält", sagt Betz. "Wenn wir hart in der Sache, aber fair im Ton streiten könnten, das wäre schön."

Die Klausurtagung sei "wunderbar" gelaufen, sie sei angetan, "fast schon überrascht" vom Ergebnis der Zusammenkunft, sagte dagegen Tausendfreund am Dienstag. Zusammen mit der parteifreien Gemeinderätin Caroline Voit, einer professionellen Moderatorin, hatte sie durch den Workshop geführt, der mit einer Vorstellungsrunde begann, wobei jedes Ratsmitglied ein anderes vorstellte. Dass hierbei keiner die Schlechtigkeiten des anderen hervorhebt, zumal unter strahlender Sonne in einem herrlichen Ambiente, versteht sich. Der Workshop habe insbesondere auch dem gegenseitigen Kennenlernen in der neuen Zusammensetzung seit der Wahl gedient, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde. Andreas Most (CSU) spricht von einem Erfolg auch auf der Meta-Ebene, auch wenn unterschiedliche Sichtweisen auf Thematiken geblieben seien.

"Wir haben uns auf eine Art und Weise der Zusammenarbeit und auf Methoden geeinigt", fasst Tausendfreund den Nutzen des Treffens zusammen. "Ja, auch auf den Ton im Gemeinderat", sagt sie auf Nachfrage. Respektvoller will man künftig miteinander umgehen. Aber auch das weitere Vorgehen bei Themen wie Schulen, Schwimmbad und Bahnhofsareal wurde besprochen. Allerdings wurden dabei keine Detailfragen erörtert, "sondern nur besprochen, wie wir es gesamt anpacken", so die Bürgermeisterin. Der Gemeinderatsworkshop solle aber keine einmalige Veranstaltung bleiben.

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SZ vom 16.09.2020/hilb
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