Klassik und Theater:Tragikomisch und dicht

Lesezeit: 3 min

Das Pullacher Kulturprogramm ist sehr üppig, neben vielversprechenden Theater­vorstellungen gibt es diesmal gleich sieben klassische Konzerte. Anstatt eines Abos werden Packages angeboten

Von Udo Watter, Pullach

Eine perfekte Welt wäre alleine schon deswegen traurig, weil es in ihr keinen Humor gäbe. Sich über etwas oder jemanden lustig zu machen, lachen, spotten, ironisieren setzt ja voraus, dass es einen Makel, ein Defizit, eine Dummheit oder Ungeschicklichkeit gibt, die dazu inspirieren. Auch wenn es krasse Niveauunterschiede gibt, wohnt dem Humor zudem fast immer eine philosophische Komponente inne, und in seiner tragikomischen Ausformung erreicht er die vielleicht höchsten Höhen.

Das Schauspiel "Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke", mit der am 4. Oktober die Theater-Saison im Pullacher Bürgerhaus eröffnet wird (eine zweite Vorstellung gibt es am 5. Oktober), verspricht eine ganze Reihe von tragikomischen Ereignissen und skurrilen Begebenheiten. Die prämierte Produktion des Metropoltheaters München, die Regisseur Gil Mehmert nach dem Buch von Joachim Meyerhof für die Bühne konzipiert hat, wurde seit ihrer Premiere 2019 von der Kritik hoch gelobt. Es ist die biografisch inspirierte Geschichte des 20-jährigen Joachim, der den Spagat zwischen zehrender Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule und dem so bizarr-exaltierten wie alkoholdurchtränkten Alltag mit seinen Großeltern durchlebt, in deren Nymphenburger Villa er in dieser Zeit wohnt. "Mit den schrägen Großeltern kann ich mich ganz gut identifizieren", sagt Hannah Stegmayer lachend. "Ab einem gewissen Alter hat man die Freiheit, sich gewisse Dinge erlauben zu können."

Die Freiheit, alle Sitzplätze im Bürgerhaus wieder anzubieten - was ja nach den aktuellen Corona-Regeln unter bestimmten Bedingungen seit Kurzem möglich wäre - nimmt sie allerdings nicht wahr. "Wir belassen es dabei, die Abstandsregeln einzuhalten", sagt Stegmayer, "auch weil wir nicht wissen, was im November sein wird."

Die Besucher des Bürgerhauses werden also weiterhin in gebührendem Abstand zueinander platziert und dürfen dafür die Masken am Platz abnehmen, der Saal bleibt eher spärlich belegt. Stichprobenartige Anfragen bei Stammbesuchern hätten ergeben, dass diese Option bevorzugt würde anstatt dicht nebeneinander im (dann möglicherweise vollen) Saal mit Maske zu sitzen. "Wir sind bisher eher riskant gefahren und jetzt vorsichtiger geworden", erklärt Stegmayer, die damit rechnet, dass im Herbst die aktuellen Lockerungen wieder aufgehoben werden könnten. "Es ist eine Frage zwischen betriebswirtschaftlicher Erwägung und dem Kundenbefinden", sagt sie und begründet die Priorisierung des Letzteren auch damit, dass man Ausfallverlust am Bürgerhaus mit dem noch bis Ende des Jahres laufenden Zahlungen aus dem Förderprogramm "Theater in Bewegung" kompensieren könne.

Da legst di nieder: Protagonist Joachim staunt in "Ach, dieses Lücke, diese entsetzliche Lücke" über seine trinkfreudigen, exaltierten Großeltern. (Foto: Jean-Marc Turmes)

Im Gegensatz zur Sitzplatzsituation im Bürgerhaus sind die Programmpunkte, auch wegen diverser Nachholtermine, dicht an dicht gedrängt: Neben weiteren spannenden Theatervorstellungen wie "Oskar Schindlers Liste", das in einer dramatisierten Fassung von Florian Battermann am 23. November gezeigt wird, oder "Freundschaft" mit Gilla Cremer am 1. Februar gibt es gleich sieben Klassikkonzerte. Dabei gastieren namhafte Ensembles im Isartal wie das Notos Quartett am 8. Oktober und ein Quintett mit Dezan Lazić (Klavier) und Beni Schmid (Violine), das am 18. Oktober Mozart-Klavierquartette aufführen wird. Hohes internationales Renommee genießen darüber hinaus das Brentano String Quartet, das am 29. Oktober in Pullach spielt, und das Juilliard String Quartet, das für den 27. Januar angekündigt wird, beide aus den USA.

Ein Abo wird für die Herbst-Winter-Spielzeit nicht angeboten, aber man kann sich so genannte Packages in den vier Genres Theater (vier Vorstellungen), Kabarett und Kleinkunst (fünf Abende), Klassik (sieben Konzerte) und Jazz and More (vier Konzerte) erwerben. Die Karten sind übertragbar, und das Package gilt nur für eine Saison. Der Package-Verkauf hat an diesem Dienstag begonnen und findet bis kommenden Dienstag, 14. September, zu den Vorverkaufszeiten im Kulturamt statt, danach beginnt der Einzelkarten-Verkauf. (Information unter www.buergerhaus-pullach.de). Stegmayer hofft, dass trotz der überdurchschnittlich vielen Veranstaltungsangebote (und beschränkten Platzauswahl) das Publikum den Weg regelmäßig ins Bürgerhaus findet, ist aber zuversichtlich: "Wir haben ein großes Einzugsgebiet, von Ebenhausen bis in die Stadt. Gerade aus Solln kommen viele unserer Gäste."

Auch im Kabarett- und Kleinkunst-Bereich jagt gleichsam ein bekannter Namen den anderen: Mathias Richling, Bruno Jonas, Michael Lerchenberg, Werner Brix und Holger Paetz sind die Protagonisten der neuen Pullacher Brettl-Saison. "Viele Highlights", verspricht Stegmayer. Mathias Richling wird am 2. Oktober mit seinem Programm "Mathias Richling #2021", die Spielzeit im Bürgerhaus eröffnen: Darin wartet der 58-Jährige nicht auf Silvester, er zieht jetzt schon die Bilanz eines ereignisreichen Jahres. Hilfreich sind dem vielfach prämierten schwäbischen Kabarettisten und Parodisten dabei wie immer Politiker aus dem In- und Ausland.

Im Bereich Jazz and More gastieren eher jüngere, aber dennoch bereits vielfach preisgekrönte und etablierte Künstler am linken Isarhochufer: Darunter Jazzpianisten wie David Helbock oder Pablo Held, der mit dem brasilianischen Gitarristen Pable Veras auftritt, aber auch die in Stuttgart geborene Jazzsängerin und Komponistin Olivia Trummer. Freilich ist keine Komposition so perfekt, dass man nicht noch ausgiebig dazu improvisieren könnte. Vielleicht sogar humorvoll.

Karten gibt es zu den Vorverkaufszeiten dienstags und freitags von 10 bis 12 Uhr und mittwochs und donnerstags von 16 bis 18 Uhr im Bürgerhaus Pullach, Heilmannstraße 2, Telefon 089 744 74 47 00.

© SZ vom 08.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: