Ganz langsam hebt Kathrin Kayser-Dulic einen Fuß Stück für Stück vom Boden. Während sie ausatmet, senkt sie ihn ebenso bedächtig nur einen halben Schritt weiter vorne wieder auf das kühle Gras, das an diesem Morgen noch leicht feucht ist vom Regen. Es könne sein, dass Ungeduld aufkomme angesichts der langsamen, gleichmäßigen Bewegungen, warnt sie die Frauen, die sich mit ihr in winzigen Schritten im Kreis vorwärts bewegen. Aber das sei nicht schlimm.
Ziel der Gehmeditation sei Entschleunigung und die Fähigkeit, Gedanken und Gefühle einfach nur wahrzunehmen, ganz ohne Wertung. Auch das Lärmen der Kinder, die auf der anderen Seite des Sees auf dem Gelände der Landesgartenschau in Kirchheim spielen, sollen die Teilnehmerinnen annehmen.
„Äußere Einflüsse können wir oft nicht ändern“, sagt Kayser-Dulic, „aber unsere innere Einstellung schon“. Auf Dauer sollen die langsamen, gleichmäßigen Bewegungen dabei helfen, besser mit störenden Faktoren umzugehen. Jeden Schritt sollen die Teilnehmer bewusst wahrnehmen, um die eigene Mitte zu finden.
Ursprünglich komme diese Form der Meditation aus dem Buddhismus, erläutert Kayser-Dulic, die nach eigenen Angaben seit zwölf Jahren Yoga unterrichtet und vor einem Jahr ein eigenes Studio in Heimstetten eröffnet hat. Zen-Mönche würden oft durch Gehen zu innerer Einkehr kommen.
Kayser-Dulic bietet die Gehmeditation nicht in ihrem Studio an, sondern aktuell nur ein Mal pro Monat auf der Gartenschau. „Das passt gut ins Umfeld“, sagt sie. Mit Blick auf den See können die Teilnehmer das Gras unter ihren Füßen spüren. Viele würden es genießen, sich eine halbe Stunde lang lediglich auf die eigenen Schritte und die Atmung zu konzentrieren, sagt Kayser-Dulic: „Sonst ist im Alltag so viel los. Man startet ganz anders in den Tag, wenn man sich ein paar Minuten Zeit für sich selbst nimmt.“
Gleichzeitig sei der Trubel auf der Gartenschau eine gute Übung. Ob Kinderlachen oder das Rauschen des Verkehrs auf der nahen Autobahn, anfangs sei es völlig normal, dass man abschweife, sagt die Yogalehrerin. „Manchmal muss man Ablenkung auch einfach zulassen.“ Mit der Zeit jedoch lerne man, besser mit den Einflüssen von außen umzugehen.
Diese Fähigkeit übertrage sich letztlich auch in den Alltag. Im Leben sei auch manches nicht beeinflussbar, sagt Kayser-Dulic. Wer regelmäßig meditiert, komme langfristig auch besser mit schwierigen Phasen im Leben zurecht. „Der Weg ist das Ziel, und jeder Schritt gehört dazu.“
In dieser Serie stellt die SZ Sportangebote im Landkreis München vor – zum Mitmachen oder zur Nachahmung.