Landesgartenschau Kirchheim:"Ich könnte heulen, so schön ist es"

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Hereinspaziert zur Landesgartenschau. Seit Mittwoch ist das Ausstellungslände in Kirchheim geöffnet. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Ein überglücklicher Bürgermeister, sein stolzer Vorgänger und ein Ministerpräsident voll des Lobes: In Kirchheim ist die Landesgartenschau offiziell eröffnet. Hunderte strömen bei strahlendem Sonnenschein sogleich über das Gelände.

Von Martin Mühlfenzl und Anna-Maria Salmen, Kirchheim

Die ersten Enten haben den künstlichen See in der Kirchheimer Ortsmitte schon längst in Beschlag genommen und als neues Refugium ausgemacht. Aber er gehört ihnen nicht mehr allein. Am Tag der Eröffnung der bayerischen Landesgartenschau strömen schon am Morgen Hunderte Besucherinnen und Besucher auf das Gelände und verwandeln es in das neue pulsierende Herz des Ortes - unter ihnen auffällig viele Jugendliche. Bereits am ersten Tag wird deutlich, dass diese grüne Oase über die Landesgartenschau hinaus Bestand haben wird.

Als verbindendes Element zwischen den einst eigenständigen Kommunen Kirchheim und Heimstetten, die bei der Gebietsreform 1978 zusammengelegt wurden, ist sie auch angelegt. Doch für die kommenden Monate wird Kirchheim zunächst ein touristischer Hotspot. Das will auch Markus Söder (CSU) bei der offiziellen Eröffnung des Ausstellungsgeländes am Mittwochvormittag mit seiner Anwesenheit unterstreichen. Allerdings bleibt dem Ministerpräsidenten der umjubelte Einzug, den er sonst bei festlichen Einzügen gewohnt ist, im imposanten neuen Kirchheimer Bürgersaal neben dem nicht minder beeindruckenden neuen Rathaus verwehrt. Kaum einer bekommt es mit, als er durch die Reihen schreitet, um die Landesgartenschau zu eröffnen. Denn Söder ist zu spät.

In seinem Grußwort, das dann aber doch alle mitbekommen, spart der Landeschef nicht mit Superlativen. Es sei ein besonderer Tag nicht nur für Kirchheim, sondern für ganz Bayern, sagt Söder, der die Schirmherrschaft für das Großereignis übernommen hat, und bezeichnet die Gartenschau als "unglaublich hochwertige Arbeitsleistung", die nicht nur ökologischen Nutzen bringe, sondern den Kirchheimern auch einen dauerhaften Mehrwert biete. Dank des neuen Parks sei das Leben im Ort künftig schöner und besser, das Ereignis könne künftigen Ausrichtern als Musterlandesgartenschau dienen.

Eröffnen gemeinsam die Gartenschau in Kirchheim (von links): Bürgermeister Stephan Keck, sein Vorgänger, der Landtagsabgeordnete Maximilian Böltl (dahinter), Ministerpräsident Markus Söder, Umweltminister Thorsten Glauber und Gerhard Zäh, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Bayerischen Landesgartenschau GmbH. (Foto: Claus Schunk)

Früher habe es immer wieder Debatten darüber gegeben, ob sich eine Landesgartenschau für eine Gemeinde oder eine Stadt überhaupt lohne, so Söder weiter. "Das kostet ja auch Geld." Das Faszinierende ist seiner Ansicht nach aber, wie das Beispiel Kirchheim zeige, die Stadtentwicklung, die hinter so einem Projekt stehe. "Es wird ein absoluter Mehrwert geschaffen."

Dass Söder einmal solch lobende Worte für das kleine Kirchheim findet, daran glaubte noch vor einigen Jahren nur der damalige Bürgermeister und jetzige Landtagsabgeordnete Maximilian Böltl (CSU). Anfangs sei er ausgelacht worden für seine Idee, die Landesgartenschau in den Ort zu holen, erzählt er. Er selbst habe das Ereignis lange nur für eine Veranstaltung gehalten, auf der man "verschiedene Arten von Lavendel und Rosen kennenlernen kann". Ein Besuch der Landesgartenschau in Tirschenreuth habe ihm jedoch gezeigt, dass die Veranstaltungen auch einen nachhaltigen Beitrag zur Ortsentwicklung liefern könnten.

Er sei stolz und auch persönlich "überglücklich", die Landesgartenschau im eigenen Ort eröffnen zu dürfen, sagt anschließend Böltls Nachfolger, Kirchheims neuer Bürgermeister Stephan Keck (SPD). Den gelernten Landschaftsgärtner verbindet eigenen Worten zufolge viel mit der Veranstaltung: Auf der internationalen Gartenausstellung 1983 in München habe er sich für seinen späteren Beruf entschieden. 2006 arbeitete er auf der Bundesgartenschau in Riem mit, nun ist er Aufsichtsratsvorsitzender der Landesgartenschau in Kirchheim.

Markus Söder in seinem Element. (Foto: Claus Schunk)

Mit der Eröffnung der Großveranstaltung findet laut Keck eine lange, erbitterte Kontroverse ein Ende: Seit Jahrzehnten wurde im Ort darüber gestritten, wie das brachliegende Gebiet zwischen den Gemeindeteilen Kirchheim und Heimstetten gestaltet werden soll. Die Landesgartenschau soll nun dazu beitragen, dass beide Teile zusammenzuwachsen. "Ich könnte heulen, so schön ist es", sagt Keck. Gemeinsam mit den anderen Gästen zieht er dann los über das weitläufige Areal, begleitet von einer enormen Menschentraube.

Denn der Tross zieht auch neugierige Besucher an, die Smartphones und Kameras zücken. Immer wieder wird Söder aufgehalten - ein Jugendlicher möchte ein Selfie machen, eine junge Mutter ein Foto mit ihrem Neugeborenen neben dem Landesvater. Dieser posiert dann noch seinerseits für die Fotografen mit einer überdimensionalen Ente und einer ebensolchen Gans. Lange währt all das allerdings nicht, nach gerade einmal einer Viertelstunde verabschiedet sich Söder schon wieder vom Gartenschaugelände.

Schon kurz nach der Eröffnung strömen Hunderte Besucherinnen und Besucher über das weitläufige Areal der Landesgartenschau in Kirchheim. (Foto: Claus Schunk)

Ihm entgeht so der Rundgang, den Keck, Böltl und weitere Vertreter aus Kirchheim fortsetzen, etwa zum eigens angelegten See, dem Herzstück des Parks, auf dem an diesem Vormittag die Sonne glitzert. Rundherum am Ufer haben bereits zahlreiche Besucher auf den Liegestühlen Platz genommen, sie blicken auf üppige, bunte Blumenbeete. Der Spielplatz mit den Geräten aus Holz und den kleinen Wasserspielen wird am Nachmittag schon von Kindern stark frequentiert. Die ersten Menschenschlangen gibt es auch schon an den verschiedenen Foodtrucks, an denen es etwa Tacos, Currywurst, Eis und kühle Getränke gibt. Vom nördlichen Ende des Parks aus hat man einen herrlichen Blick auf die Streuobstwiese, und selbst einen Pool haben die Planer nicht vergessen.

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Von Anna-Maria Salmen

Immer wieder wird Bürgermeister Keck im Vorbeigehen von begeisterten Menschen angesprochen, die über das Gelände streifen. "Schön schaut es aus", sagt eine ältere Frau. "Gut ist es geworden", ruft wenige Meter weiter ein Mann.

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