SZ-Adventskalender:Helfer, Freunde und Experten

SZ-Adventskalender: Brigitte Hartmann, Jürgen Gnuschke und Gerlinde Reichart (v.l.) vom Helferkreis Asyl stehen den Geflüchteten in Kirchheim zur Seite.

Brigitte Hartmann, Jürgen Gnuschke und Gerlinde Reichart (v.l.) vom Helferkreis Asyl stehen den Geflüchteten in Kirchheim zur Seite.

(Foto: Robert Haas)

Die Aufgaben des Helferkreises Asyl in Kirchheim haben sich in den zehn Jahren seines Bestehens geändert. Seine Relevanz ist immer noch riesig. Die Ehrenamtlichen sind inzwischen Experten in Sachen Asylrecht und Bürokratie.

Von Irmengard Gnau, Kirchheim

Der Aufsteller mit dem orangefarbenen Logo des Heferkreises klemmt ein wenig, als Jürgen Gnuschke und Brigitte Hartmann versuchen, ihn zu entrollen. Eine Frau nutzt den kurzen Augenblick, um eine Frage loszuwerden, bevor sie das helle Gebäude an der Räterstraße betritt. Die beiden Vorsitzenden des Helferkreises Asyl und ihre Kollegin Gerlinde Reichart sind hier an der Unterkunft für Geflüchtete wohlbekannt und geschätzt. Seit bald zehn Jahren engagieren sie sich mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern für die Menschen, die die Flucht vor Krieg, Verfolgung oder Armut aus ihren Heimatländern nach Kirchheim im Landkreis München gebracht hat.

Im Jahr 2013 hat sich der Helferkreis Asyl in Kirchheim gegründet. Seit 2017 sind sie ein Verein, aus praktischen Gründen, so können sie Spenden entgegennehmen und Haftungsfragen sind geklärt. 40 Mitglieder hat der Verein, insgesamt gibt es etwa 80 Aktive, die die Geflüchteten unterstützen. Reichart, Hartmann und Gnuschke sind von Anfang an dabei. Wie viele vom "harten Kern" des Helferkreises sind die drei bereits im Ruhestand und stecken viel Zeit in ihre ehrenamtliche Arbeit. Diese Kontinuität bringt viele Vorteile. Die Aktiven vom Helferkreis kennen sich inzwischen aus im Asylrecht. Und auch in der deutschen Bürokratie sind sie, gewissermaßen notgedrungen, Expertinnen und Experten geworden. "Teilweise sind wir besser informiert als die Sachbearbeiter vom Landratsamt, da herrscht viel mehr Fluktuation", sagt Hartmann und lächelt.

Im Jahr 2015 stand anderes im Vordergrund

Die Arbeit der Helfer hat sich stark verändert in den vergangenen zehn Jahren. Nachdem 2015 und 2016 besonders viele Menschen nach Deutschland geflohen waren, insbesondere aus Syrien, Afghanistan aber auch aus afrikanischen Ländern wie Sierra Leone und Senegal, ging es zunächst einmal auch in Kirchheim um deren Erstversorgung. Unterkünfte mussten gefunden werden, die Geflüchteten brauchten Kleidung und eine Grundausstattung mit dem Lebensnotwendigen. Heute stehen die Unterstützung beim Finden eines Jobs oder einer Ausbildung im Vordergrund, Unterstützung beim Deutschlernen - und die Suche nach einer eigenen Wohnung.

"Unsere Leute sind zum Teil seit sieben Jahren hier, sie haben einen Job in der Nähe, die Kinder gehen hier zur Schule, sie brauchen Wohnraum im Ort", sagt Gerlinde Reichart. Den zu finden gestaltet sich jedoch gerade im Landkreis München schwierig, wo die Mieten hoch und die Nachfrage groß sind. Viele Geflüchtete leben auch nachdem ihr Asylantrag angenommen wurde, weiter in der Unterkunft, weil sie keine Wohnung finden. Für die Helfer bedeutet das häufig, Frust auffangen zu müssen. "Integration wird auch erschwert, wenn ich - trotz einer Arbeitsstelle - mit meiner Familie beengt auf ein oder zwei Zimmern in einer Unterkunft wohne", gibt Reichart zu bedenken.

Etwa 140 Geflüchtete leben derzeit in Kirchheim, darunter sind 50 Kinder. Gnuschke weiß die Zahl genau, hat er doch kürzlich erst mit seiner Frau die Nikolaussäckchen für die Jungen und Mädchen hergerichtet - eine Aktion des Helferkreises, die jedes Jahr viel Freude hervorruft. Auch für die Menschen, die seit März aus der Ukraine hinzugekommen sind, haben die Helfer rasch Unterstützung organisiert: Spielgruppen für die jüngeren Kinder, Lernhilfen für die älteren, die gleich in die Schule kamen. Mit einer von der Gemeinde angestellten Lehrerin boten sie Deutschkurse für die ukrainischen Mütter an, während die Kinder betreut wurden. "Das haben wir relativ schnell auf die Beine gestellt dank unserer gut gewachsenen Strukturen", sagt Hartmann. Der Helferkreis hat sich inzwischen in mehrere Arbeitsgruppen aufgeteilt. Das schafft Expertise und Selbstvertrauen. Auch die enge Zusammenarbeit mit der Kommune und der Asylsozialberatung am Ort erhöht die Schlagkraft.

Die Arbeit der Helfer ist fordernd, und sie wird nicht weniger werden, dessen sind sich auch Reichart, Hartmann und Gnuschke bewusst. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen lässt der Landkreis gerade weitere Unterkünfte errichten. In Kirchheim ist eine Containerwohnanlage für 200 Menschen geplant. Hoffnung macht den Helfern, wenn sie sehen, wie ihre Unterstützung fruchtet. "Mit einigen Geflüchteten der ersten Generation bin ich mittlerweile befreundet", erzählt Hartmann. "Sie haben sich toll integriert, sprechen Deutsch, machen eine Ausbildung und haben eine eigene Wohnung." Vergangenes Jahr haben sie eine achtköpfige syrische Familie aufgenommen, die sieben Jahre lang in einem Zeltlager in Libanon ausgeharrt hatte. Die jüngeren Kinder gehen inzwischen in Kirchheim zur Schule.

Was sich die Helfer wünschen, ist ein Bus-Ausflug mit den Geflüchteten. Während der Corona-Zeit waren die Möglichkeiten dafür stark begrenzt. "Sie sollen mal wieder rauskommen", wünscht sich Gnuschke, "und Bayern ein wenig kennenlernen."

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