Kirchheim:Genetischer Fingerabdruck zum Mitnehmen

Kirchheim, Gymnasium, BioTechnikum-Bus zu Besuch für Seminare und Experimente,

Joshua und Sarah, beide 16, bereitet der Umgang mit der Pipette keine Probleme. In Zweier- und Dreiergruppen isolieren die Schüler der elften Klasse ihre DNA. Wer will, kann am Ende seinen eigenen genetischen Fingerabdruck mit nach Hause nehmen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Ein mobiles Labor des Bundesforschungsministeriums soll junge Leute für Biotechnologie-Berufe begeistern. Gymnasiasten haben dort unter anderem die Möglichkeit, die eigene DNA zu isolieren

Von Nadja Tausche, Kirchheim

Etwa 25 Schüler in weißen Kitteln stehen zwischen den Arbeitsflächen und hören Tim Fechtner zu. "Wir stehen jetzt hier im Labor, deswegen muss ich mit einer kurzen Sicherheitseinweisung anfangen", sagt der Wissenschaftler. Die Kittel seien wichtig, damit bei Experimenten nichts dreckig werde, aber auch, um sich selbst beim Umgang mit giftigen Stoffen zu schützen. Die sind heute zwar nicht im Spiel, die Kittel müssen trotzdem sein. Die Schüler des Bio-Kurses der elften Jahrgangsstufe isolieren und vervielfältigen ihre eigene DNA. Dafür sind sie auf den Schulhof des Gymnasiums Kirchheim gekommen, auf dem für zwei Tage ein riesiger weiß-gelber Lastwagen steht: Das Labor der Initiative Biotechnikum.

Das zweistöckige Labor auf Rädern macht in ganz Deutschland an Schulen, Messen und bei anderen Veranstaltungen Halt. An bestimmten Tagen ist das Labor auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Seit 2008 ist es unterwegs. In dem mobilen Labor will das Bundesministerium für Bildung und Forschung Schüler selbst experimentieren lassen und ihnen gleichzeitig Ausbildungswege in der Biotechnologie aufzeigen. Im Labor gibt es verschiedene Stationen: In einer Ecke steht das "Buch des Lebens" in der Methoden zur DNA-Sequentierung aufgezeigt werden. Es gibt Bildschirme, mit interaktiven Angeboten wie einem Quiz. Behandelt werden in dem Labor verschiedene Themen rund um die Biotechnologie. Die einzelnen Themengebiete sind auf der Wand aufgedruckt: "Von der Idee zur Therapie: Wie ein Medikament entsteht" ist ein Punkt, ein anderer: "Agrarproduktion nachhaltig gestalten." Die Themen ändern sich, meist aber nur alle paar Jahre: "Das sind keine Themen, die morgen vorbei sind", sagt Aline Anton. Sie ist eine von den drei Wissenschaftlern, die das Projekt betreuen.

Tim Fechtner ist ein anderer, er erklärt den Schülern an diesem Montagmorgen den ersten Schritt des "Spezialpraktikums für Erbgut-Experten". "Wo bekommen wir die DNA überhaupt her?", fragt er in die Runde. Die Antwort lässt er die Schüler gleich in die Tat umsetzen: Jeweils einer aus jeder Gruppe entnimmt mit einem Wattestäbchen Speichel aus dem Mund. Dieser wird dann mit anderen Substanzen vermischt und erwärmt. Insgesamt 18 Schritte braucht es, um die reine DNA zu bekommen. Die einzelnen Schritte können die Schüler auf einem Protokoll abhaken. "Bis jetzt verstehe ich es noch, und es ist lustig", sagt Felix, 17, während er mit einer Pipette hantiert. Die 16-jährige Sarah aus der Gruppe nebenan ist vor allem auf das Ergebnis gespannt: "Ich will meine DNA dann mit den anderen vergleichen", sagt sie. In der Praxis wende man den Prozess der Isolierung und Vervielfältigung der DNA zum Beispiel im Kriminalbereich an, erklärt Wissenschaftlerin Anton. Das DNA-Profil ist bekannt als "genetischer Fingerabdruck" und bei der Aufklärung von Verbrechen hilfreich. Aber auch beim Pferdefleischskandal sei die Methode mit Sicherheit angewandt worden, sagt Anton: Isoliere man beispielsweise die DNA aus Lasagne, könne man feststellen, ob Pferdefleisch enthalten ist.

Bis Dienstag ist das Labor des Biotechnikums noch auf dem Schulhof in Kirchheim, dann geht es weiter nach Altötting. Zwei bis drei Tage stehe er immer an einem Ort, sagt Anton. Sie ist wie ihre beiden Kollegen bei der Firma angestellt, an die das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Projekt vergeben hat. Diese Woche arbeitet ein Kollege im Home Office, während Anton und Fechtner mit dem mobilen Labor unterwegs sind.

Für die Schüler der elften Klasse geht es derweil mit dem nächsten Schritt weiter. Jetzt, wo die DNA aus den Zellen der Mundschleimhaut isoliert ist, wird sie vervielfältigt. Am Ende kann jeder, der will, seine eigene DNA mit nach Hause nehmen.

Wer dem Labor der Initiative Biotechnikum einen Besuch abstatten will, kann das an diesem Dienstag von 12.30 bis 14 Uhr tun. Bei der "Offenen Tür" können Bürger die Ausstellung betrachten oder den beiden Wissenschaftlern Fragen rund um die Biotechnologie stellen. Das Labor steht auf dem Schulhof des Gymnasiums Kirchheim an der Heimstettner Straße 3, der Eintritt ist frei.

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