Kirchheim:Frontalzusammenstoß

Kirchheim: Streitobjekt in Kirchheim: Die im Bau befindliche Asylbewerberunterkunft.

Streitobjekt in Kirchheim: Die im Bau befindliche Asylbewerberunterkunft.

(Foto: Robert Haas)

Kirchheims Altbürgermeister Heinz Hilger wirft seinem Nachfolger Maximilian Böltl Machtmissbrauch vor. Der wegen seines Führungsstils kritisierte Rathauschef kontert, er müsse jetzt aktiv gestalten

Von Irmengard Gnau, Kirchheim

Friedlich liegt Kirchheim am Freitagmittag da, in Erwartung eines warmen Frühsommerwochenendes. Ein sanfter Wind streicht über grüne Hecken und kopfsteingepflasterte Straßen. Doch unter der Oberfläche der politischen Gemeinde brodelt es. Einen Ausbruch hat nun Alt-Bürgermeister Heinz Hilger (Vereinigte Freie Wählergemeinschaft, VFW) herauf beschworen. Er wirft seinem Nachfolger Maximilian Böltl (CSU) vor, seine neu erworbene Macht in unangemessener Weise auszuüben, um seine Ansichten und die seiner Partei durchzusetzen.

Der politische Stil, der mit Böltl (CSU) ins Kirchheimer Rathaus eingezogen ist, missfällt einigen im Ort. Seit der Kommunalwahl 2014 hat der 31-Jährige den Gemeinderat umgebaut und neue Mehrheiten geschaffen - in den meisten Fällen für sich. Die CSU verfügt selbst über zehn Sitze in dem Gremium, gemeinsam mit den beiden Räten von ÖDP und LKW (Lebenswertes Kirchheim) plus der Stimme des vorsitzenden Bürgermeisters ergibt das eine Mehrheit von 13 zu zwölf Stimmen. Auch in den Ausschüssen verfügt die CSU mit ihren Unterstützern meist über ein Stimmenübergewicht.

"Undemokratisch" nennt Alt-Bürgermeister Hilger das, und "Machtausübung". Von mehreren Seiten seien bereits Klagen an ihn herangetragen worden. Auch die amtierenden Gemeinderäte der VFW, Angela Hilger und Wolfgang Heinz-Fischer, kritisieren den neuen Umgangston in ihrem Gremium. Nachdem er anfangs beteuert habe, er wolle im Gemeinderat zusammenarbeiten, habe Böltl inzwischen sein wahres Gesicht gezeigt, sagt Angela Hilger: "Das hat uns erschrocken, nachdem wir 24 Jahre lang anderes gewohnt waren." In seiner Amtszeit seien keine Absprachen getroffen worden, betont Heinz Hilger. "In der Demokratie geht es immer darum, Mehrheiten zu finden", hält Böltl dem entgegen. "Weil ich mit der Gemeinde weiterkommen will, versuche ich natürlich, diese Mehrheiten zu finden." Das sei "möglicherweise eine andere Art, Politik aktiv zu gestalten als in der Vergangenheit", sagt der 31-Jährige. "Aber ein Bürgermeister ist nicht nur Moderator, sondern muss auch gestalterisch tätig werden."

Dass sein Vorgänger, unter dem Böltl viele Jahre lang als Gemeinderat und Zweiter Bürgermeister gearbeitet hat und der sich vor der Stichwahl 2014 für ihn ausgesprochen hatte, ihn nun in der Presse kritisiert, hält der Bürgermeister für "völlig unverständlich". Gut ist das Verhältnis der ehemaligen Weggefährten aber schon lange nicht mehr. In einer Rathausinternen Anweisung, die Hilger nun öffentlich gemacht hat, hatte Böltl im Dezember 2014 verfügt, den Alt-Bürgermeister von sämtlichen Einladungslisten für Empfänge, Eröffnungen oder Mitarbeiterveranstaltungen zu streichen. Zudem wies Böltl die Mitarbeiter der Verwaltung darauf hin, an Hilger nur dieselben Auskünfte herauszugeben wie an andere Kirchheimer Privatbürger. "Die E-Mail war rückblickend vielleicht ein bisschen emotional", sagt Böltl. Es habe "eine ganze Reihe von Vorfällen" gegeben, die ihn letztendlich dazu bewegt hätten. Welche das sind, will der Bürgermeister nicht konkretisieren.

Kirchheim: Streitpunkt Asylbewerberunterkunft: Dem Neubau an der Räterstraße gingen viele Auseinandersetzungen im Kirchheimer Gemeinderat voraus.

Streitpunkt Asylbewerberunterkunft: Dem Neubau an der Räterstraße gingen viele Auseinandersetzungen im Kirchheimer Gemeinderat voraus.

(Foto: Robert Haas)

Der endgültige Auslöser für die Anweisung, die nach Angabe des Bürgermeisters inzwischen hinfällig ist, dürfte die Diskussion um den Standort der Asylbewerberunterkunft im Ort gewesen sein. In der Gemeinderatssitzung einen Tag vor Datierung der E-Mail hatte Hilger öffentlich Fehler im Konzept der Bürgerinitiative angeprangert, die ein Bürgerbegehren gegen den - vom Gemeinderat im Juli 2014 beschlossenen - Standort an der Räter-straße anstrebte. Damit positionierte sich der Alt-Bürgermeister klar gegen Böltl, welcher sich ebenfalls gegen die Räterstraße und für einen Standort in der Nähe der S-Bahn ausgesprochen hatte.

Diese Meinungsverschiedenheit "könnte ein Knackpunkt gewesen sein", vermutet Thomas Etterer. Der SPD-Fraktionssprecher sieht noch weitere Gründe für Hilgers Vorwürfe. "Der Eindruck entsteht, dass Kritik nicht so ganz erwünscht ist", meint Etterer im Hinblick auf den Führungsstil des Bürgermeisters. Dass Böltl seine Machtposition durchaus nutzen will, zeigt sich auch im Gemeinderat. "Es gibt nur bedingte Bereitschaft zu Diskussion und Kompromissen", kritisiert Etterer. "Wir würden uns auch als SPD-Fraktion wünschen, dass es mehr um gemeinsame inhaltliche Entscheidungen geht."

Maximilian Böltl

Maximilian Böltl.

(Foto: Lukas Barth)
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