Süddeutsche Zeitung

Kirchheim:Die Gartenschau als Computerspiel

Das Technikteam des Kirchheimer Jugendzentrums hat einen virtuellen Rundgang programmiert

Von Anna-Maria Salmen, Kirchheim

So stellen sich die Planer einen Tag auf dem Gelände der Kirchheimer Landesgartenschau 2024 wohl nicht vor: Dicke graue Wolken hängen am Himmel, es regnet. "Das kann man ändern", ruft plötzlich ein Kind. Es springt vom Sofa auf, greift nach einem Controller. Ein paar Knopfdrücke - schon bricht die Sonne durch die Wolken, der Regen ist verschwunden. Zumindest auf der Leinwand. Die Kamera bewegt sich weiter über die Wiese, über die Schafe und ein Schwein laufen. In der Realität ist davon allerdings noch nicht viel zu sehen, direkt neben dem Kirchheimer Jugendzentrum ist aktuell eine Großbaustelle. Fünf junge Erwachsene gewähren dennoch bereits jetzt einen Blick in die Zukunft: Im Computerspiel Minecraft haben sie einen virtuellen Rundgang über das Gartenschaugelände programmiert.

Normalerweise betreuen die fünf ehrenamtlichen Mitglieder des Technikteams, alle im Alter zwischen Anfang und Mitte 20, Partys und Veranstaltungen im Jugendzentrum, wie Mitarbeiterin Izzy Uslu-Kürün sagt. "Als ich mit der Idee auf sie zugekommen bin, den virtuellen Rundgang zu machen, waren sie Feuer und Flamme." Seit rund einem Monat arbeiten Stefan Strasser, Niclas de Bortoli, Aylin Yitmez, Tim Wolf und Alexander Budden an dem Projekt. Der fertige Rundgang soll laut Uslu-Kürün auf den Internetseiten der Gemeinde und des Jugendzentrums veröffentlicht werden.

Das bisherige Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen: Erstaunlich detailliert wirkt der Rundgang durch die aus bunten quadratischen Blöcken bestehende Welt. Im dichten Wald wachsen zahlreiche Blumen, ordentliche Wege führen den Betrachter zur nächsten Sphäre. Die Kamera wechselt in die Vogelperspektive, von oben ist der Landschaftssee zu sehen, den ein breiter Steinsteg in zwei Bereiche teilt. "Es gibt sehr viele Möglichkeiten in Minecraft, der Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt", erzählt Uslu-Kürün. Das Spiel sei zudem sehr beliebt bei Kindern und Jugendlichen und somit optimal geeignet, die jüngere Generation an die Landesgartenschau heranzuführen. "Das alles findet ja direkt vor ihren Augen statt", ergänzt Sophia Schreib, Pressesprecherin der Kirchheim 2024 GmbH. Den Planern sei daher daran gelegen, auch Kinder und Jugendliche in den Prozess einzubinden, ihre Wünsche, Erwartungen und Fragen zu berücksichtigen.

In der Tat hat das Programmieren des virtuellen Rundgangs dazu beigetragen, dass sich die jungen Erwachsenen intensiv mit der Landesgartenschau beschäftigten, wie die beiden Teammitglieder Stefan Strasser und Niclas de Bortoli berichten. "Es gibt viele verschiedene Pläne. Es war gar nicht so einfach, herauszufinden, was wo genau sein soll und wie der Maßstab ist." Vollenden konnten die Programmierer den Rundgang noch nicht - alle fünf Teammitglieder sind berufstätig, die aufwendige Entwicklung konnte nur in der Freizeit stattfinden. Strasser und de Bortoli sehen das Projekt eigenen Aussagen zufolge aber auch als Anreiz für andere Jugendliche und Kinder, die sich nun an der Fertigstellung beteiligen können.

Wie groß die Begeisterung für den virtuellen Rundgang bei den Jüngeren ist, konnte Uslu-Kürün nach eigenen Angaben bereits selbst häufig beobachten: "Es gefällt ihnen, dass sie selbst Macher sein können." In der Realität würden zudem noch Jahre vergehen, bis die Landesgartenschau besichtigt werden könne. Im Computerspiel gehe das deutlich schneller. Sogar das unpassende Wetter kann man auf der Konsole ändern. Gut möglich, dass sich die Planer diese Fähigkeit eines Tages ebenfalls wünschen.

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Quelle:
SZ vom 13.07.2021
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