Nachhaltigkeit:Zweite Chance für unterschätzte Werke

Nachhaltigkeit: Bergen so machen Schatz aus den Bücherkisten im Pfarrheim: Angelika Feist, Elfriede Witzleben und Irene Endemann (von links).

Bergen so machen Schatz aus den Bücherkisten im Pfarrheim: Angelika Feist, Elfriede Witzleben und Irene Endemann (von links).

(Foto: Claus Schunk)

Das Bücherantiquariat der Heimstettener Pfarrei Sankt Peter bietet Lesern für wenig Geld neue Lektüre. In den vielen Regalen steckt so manche Überraschung.

Von Anna-Maria Salmen, Kirchheim

Es gibt Werke, die kann man nicht oft genug lesen - wohl jeder Buchliebhaber hat seine eigenen Lieblingsexemplare zuhause, die er immer wieder in die Hand nimmt. Doch hin und wieder trifft eine Lektüre doch nicht ganz den Geschmack, nach einmaligem Lesen verstaubt sie im Schrank. Das Bücherantiquariat der Heimstettener Pfarrei Sankt Peter, das nach längerer Pause rechtzeitig zu den Ferien wieder geöffnet hat, will diesen Werken eine zweite Chance geben.

Entstanden ist es bereits im Jahr 1992, mittlerweile ist es im Ort zur Institution geworden. Die alte Idee passt zum heutigen Nachhaltigkeitsdenken besser denn je: Anstatt alte Bücher, die man nicht mehr braucht, einfach im Regal stehen zu lassen oder sie gar wegzuwerfen, kann man sie spenden und so einem anderem Leser für wenig Geld eine neue Lektüre ermöglichen.

Etwa sechs bis sieben Mal stehen die Räumlichkeiten im Obergeschoss der Pfarrei Sankt Peter in Heimstetten jährlich offen, erzählt Elfriede Witzleben, die das Bücherantiquariat gemeinsam mit mehreren weiteren ehrenamtlichen Helferinnen organisiert. Zusätzlich gibt es jedes Jahr einen großen Verkauf im Pfarrsaal an der Maria-Glasl-Straße, bei dem auch die Bücher aus dem Lager im Keller, die sonst keinen Platz in der kleinen Bibliothek haben, neue Besitzer finden können. Der nächste findet von 15. bis 18. September statt. Zwischen einen und fünf Euro kosten die meisten Bücher laut Witzleben, der Erlös wird stets für soziale Zwecke gespendet.

Die Kirchheimer und Heimstettener sind offenbar lesefreudig und haben über die Jahre viele Bücher gespendet, das zeigt sich, wenn man durch die Räume spaziert. Mehrere tausend Exemplare müssen es sein, ordentlich in Regalen oder Kisten nach Alphabet und Genre sortiert. Neben Klassikern der Literatur wie Jane Austen oder Günter Grass finden sich unter anderem auch Kinder- und Jugendbücher, Krimis, Biografien oder Ratgeber in den Regalen im Bücherantiquariat. Sogar einige englisch- und französischsprachige Werke gibt es. "Es ist für jeden etwas dabei", sagt Witzleben. Viele Kunden würden sich gleich mit mehreren Büchern versorgen, gerade jetzt zum Ferienbeginn.

Mit einer Restauratorin wurde schon manches Werk wieder lesbar gemacht

Zwischen all den Büchern ist auch der ein oder andere Schatz verborgen, wie Wilhelm Ruppert weiß. Er unterstützt die Organisatorinnen nicht nur, sondern ist eigenen Worten zufolge auch Stammgast im Bücherantiquariat. Als solcher hat er bereits einige Raritäten in den Regalreihen gefunden, erzählt er: Darunter war etwa ein Werk aus den 1860er-Jahren, in dem Heiligenlegenden zu lesen waren. Die ersten Seiten, erzählt Ruppert, seien kaputt und nahezu unlesbar gewesen. Gemeinsam mit einer professionellen Restauratorin habe er das alte Buch jedoch wieder reparieren können.

An diesem Nachmittag holt Ruppert einen weiteren Schatz aus dem Regal: Auf dem kunstvollen Einband des dicken Buches ist in leuchtenden Farben nach Art des Jugendstils eine Landschaft abgebildet, durch die sich ein Fluss schlängelt, im Vordergrund sind eine Frau und ein Mann zu sehen. Über das neue Naturheilverfahren kann man in dem Buch lesen, verrät der Titel. Ruppert blättert durch die festen, bräunlichen Seiten und schätzt das Werk auf den Anfang des 20. Jahrhunderts.

Seine Leidenschaft für alte Bücher hat er eigener Aussage nach schon vor Jahren entdeckt, mittlerweile hat er mehrere Kurse über das Buchbinden und Restaurieren belegt. Gerade in antiquarischen Werken könne man die Handwerkskunst und die Arbeit fühlen, die zwischen den Seiten stecke. Dadurch zeige sich auch der andere Stellenwert, den Bücher in früheren Zeiten hatten: "Bücher sind mittlerweile leider zum Wegwerfartikel geworden." Das Antiquariat kann ihnen jedoch ein neues Leben schenken.

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