Metzger in Kirchheim:Aerodynamisch wie der Hackl Schorsch

Metzger in Kirchheim: Ziemlich abgebrüht: Metzgermeister Bernhard Hermann taucht die Weißwürste in heißes Wasser, bevor sie, abgekühlt, in die Wursttheke kommen.

Ziemlich abgebrüht: Metzgermeister Bernhard Hermann taucht die Weißwürste in heißes Wasser, bevor sie, abgekühlt, in die Wursttheke kommen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Metzgerinnung krönt die beste Weißwurst - ganz weit vorne liegt die der Metzgerei Böltl in Heimstetten. Das Rezept überrascht.

Von Michael Morosow, Kirchheim

Am Rosenmontag 1857 kam sie im Gasthof "Zum ewigen Licht" am Marienplatz zum ersten Mal auf den Tisch. Heute besitzt sie einen Stammplatz in der Ruhmeshalle der bayerischen Seele: die Weißwurst, unbestrittene Königin im Wurstrevier.

Bernhard Hermann verhilft jede Woche etwa 600 Weißwürsten in den seidig glänzenden Mantel und legt sie in die Auslage der Metzgerei Böltl in Heimstetten, eine schöner als die andere, prall und aerodynamisch wie ein Rennrodler im weißen Gleitanzug. Jetzt sind seine Königinnen geadelt worden. Bei der jährlichen Weißwurstprüfung der Metzgerinnung München vergab die Jury zwölf Goldmedaillen, sechs davon heimsten Metzger aus dem Landkreis ein, darunter die Metzgerei Böltl, ein Familienbetrieb seit 1946.

Das Rezept für seine ausgezeichneten Weißwürste hält der Metzger geheim

Ein wenig stolz ist der 34-Jährige schon über die Auszeichnung, von der seine Kunden am Mittwoch noch gar nichts wussten. Die Urkunde, die ihn als Goldgewinner ausweist, hat er noch nicht gerahmt und an die Wand des Verkaufsraumes gehängt.

Natürlich verrät er nicht die gesamte Rezeptur, die seine Weißwürste zu Siegern hat werden lassen. Die Original Münchner Weißwurst wird aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck, Schweineschwarte und Eis hergestellt und je nach Rezept mit Petersilie, Macisblüte, Zitronenschale, Zwiebeln oder auch Ingwer und Kardamom gewürzt.

"Jeder hat eine andere Gewürzmischung", verrät seine Frau Katrin. Sie ist Metzgermeisterin und Enkelin des Geschäftsgründers Rudolf Böltl. Seit drei Jahren führen sie und ihr Mann Bernhard Hermann den Laden an der Hauptstraße in Kirchheim. Die Jury bewertet allerdings nicht nur in der Kategorie Geruch/Geschmack, sondern auch den äußeren Zustand, Aussehen/Farbe und die Konsistenz. Die Weißwürste aus Kirchheim erhielten dabei 50 von 50 möglichen Punkten.

Schwimmhäute dienen Metzger Hermann als Gradmesser für die Konsistenz

Die Weißwurst gerate am prächtigsten, wenn man sich Zeit dafür nehme. "Das Motto: Da hau ich einfach was z'samm und mach Weißwürst draus", funktioniere nicht, verrät der 34-Jährige, der in Haar seinen Gesellen und seinen Meister in Augsburg gemacht hat. Das Problem sei die Emulsion.

Wenn etwa zu wenig Eis dazugemischt werde, dann bestehe die Gefahr, dass das Eiweiß zu heiß werde und nicht mehr binde. "Dann läuft das Fett und das Wasser raus, aber das sieht man dem Brät bereits an", sagt der Meister. Sicherheitshalber verreibt der Metzger das Brät zwischen beiden Handflächen. "Wenn man Schwimmhäute zwischen den Fingern bilden kann, dann stimmt die Konsistenz."

Die Gold-Weißwurst ist magerer als andere

Seine Weißwürste überstanden nicht nur den Test der Jury tadellos, sondern auch die chemische Untersuchung durch ein Prüflabor. Wasser: 65 Prozent, Trockenmasse: 34,8 Prozent, Fett: 20,8 Prozent, Wasser/Fleischeiweiß-Verhältnis: 6,2 - alle Ingredienzien waren innerhalb der vorgegebenen Höchst- oder Niedrigstwerte.

Und dann verrät Bernhard Hermann doch noch ein Detail, das seine Weißwürste von anderen unterscheidet. 55 Prozent Mageranteil beim Fleisch seien normal, seine enthielten 60 bis 65 Prozent. Eine offenbar geschäftsfördernde Entscheidung: "Je magerer, desto mehr kann man essen," sagt er.

Insgesamt sechs Landkreismetzgereien wurden prämiert

Warum die Weißwurst das Zwölf-Uhr-Läuten inzwischen durchaus hören darf, muss er nicht mehr lange erläutern, das hat sein Schwiegervater tags zuvor bereits im Radio getan. Nur so viel: Die Würste werden vor der Kühlung kurz gebrüht. Dass sie so gut schmecken, dafür hat er eine einfache Erklärung, übernommen vom Schwiegervater: "Wenn was Gutes reinkommt, kommt was Gutes raus."

Eine Goldmedaille erhielten außerdem die Landkreismetzgereien: Hofberger (Oberhaching), Huber (Kirchheim), Liebold (Haar), Roiderer (Straßlach) und Stadler (Garching).

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