Kiesabbau in Forst Kasten:Hochpolitischer Waldspaziergang

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Auf Einladung von Greenpeace treffen im Forst Kasten Vertreter des Kiesunternehmens und der Bürgerinitiativen aufeinander.

Von Annette Jäger, Neuried

Gerade mal 200 Meter ist die Gruppe von Waldinteressierten am Sonntagnachmittag vom Neurieder Ortsrand in den Forst Kasten gelaufen, da wird klar, dass dieser als informativer Spaziergang von der Greenpeace-Gruppe München angesetzte Ausflug hochpolitisch wird. Malwina Andrassy von der "Wald Neuried erhalten" ergreift das Wort und weist darauf hin, dass der Waldkindergarten, den man linker Hand sieht, umziehen muss, um dem geplanten neuen Kiesabbau zu weichen.

Greenpeace, bekannt als internationale Organisation, die viele gesteuerte Kampagnen zum Umweltschutz initiiert, engagiere sich auch dezentral auf lokaler Ebene, sagt Marina Gühlke, die den Waldspaziergang organisiert hat. Weil jeder Wald erhaltenswert sei, egal wie groß er ist, habe Greenpeace auch die Wälder in Stadtnähe in den Fokus genommen. In unregelmäßigen Abständen finden um München herum informative Spaziergänge statt.

Auf den Forst Kasten fiel jetzt die Wahl, weil er derzeit besonders viel Aufmerksamkeit erregt: Dort wird seit mehr als 60 Jahren Kies abgebaut, erst kürzlich hat der Münchner Stadtrat weiterem Kiesabbau zugestimmt, was politisch heftig umstritten ist und Waldschützer alarmiert hat. Den Forst Kasten näher kennenzulernen, Flächen zu entdecken, auf denen Kiesabbau künftig stattfinden soll und solche, die nach dem Kiesabbau wieder aufgeforstet wurden - immer unter dem Aspekt, was gesunder Wald braucht -, das war die Idee des Ausflugs.

Viele Fragen und auch Vorwürfe

Ursula Hahn, ausgebildete Waldführerin, leitete die Gruppe mit etwa 30 Teilnehmern, darunter auch Andrassy von der Bürgerinitiative, andere, die ihr Expertenwissen in Sachen Wald einbrachten und schließlich auch Markus Wahl, Geschäftsführer des Kiesunternehmens Glück in Gräfelfing, das seit Jahrzehnten Kies im Forst Kasten abbaut. Der Spaziergang wurde schnell zur politischen Debatte, in der Wahl, der auf Eigeninitiative erschienen war, mit vielen Fragen und auch Vorwürfen seitens der Teilnehmer konfrontiert wurde. Etwa, dass in den Gruben angeblich "Müll verklappt" werde und Plastik im Verfüllmaterial gefunden worden sei oder dass das Grundwasser unter den rekultivierten Waldflächen nicht zu verwenden sei. Wahl verneinte den Plastikmüll und betonte, dass vor Jahrzehnten andere Gesetze gegolten hätten, was die Verfüllung der Gruben anging. Heute dürften neben Bodensteinen nur mineralische Abfälle verfüllt werden - was heftigen Widerspruch unter Teilnehmern provozierte.

Nach der politischen ersten Stunde konnte Hahn den Teilnehmern dann doch noch ein paar Fakten nahebringen. Die Hitze am Sonntag machte deutlich, dass der Wald ein wichtiger "Kaltluftfilter" sei. Allerdings brauche es zusammenhängende Waldfläche mit einem Radius von 1000 Metern, damit der Kühlungseffekt wirksam sei. Zwar wachse nach der Auskiesung Wald nach - in vielen Teilen des Forst Kasten kann man den vor 60 Jahren aufgeforsteten Wald kaum mehr vom alten Bestand unterscheiden - doch der Waldboden brauche 100 Jahre zur Regeneration.

Außerdem wisse man nicht, wie resistent der aufgeforstete Wald wirklich sei. Bei der vielfach angepflanzten Douglasie habe sich Borkenkäferbefall gezeigt. Ursula Hahn wie die Teilnehmer plädierten für Walderhalt. Es brauche neue Lösungen in der Baustoffindustrie. Artenvielfalt sei der beste Weg, der Klimakrise zu begegnen, "Die Natur kann dann flexibel auf Veränderungen regieren."

© SZ vom 17.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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