Gaddafi und eine Münchner Tankstelle:Benzin vom Diktator

Eine Tankstelle in München wird offenbar über ein kompliziertes Geflecht von Muammar al-Gaddafi kontrolliert. Verdient der libysche Diktator gar durch Münchner Tankkunden? Nein, sagt das Unternehmen.

Marco Völklein

Das Geschäft, sagt Norbert Klier, laufe ganz normal. Fragen? Nein, Fragen hätten die Kunden nicht, versichert der Pächter der HEM-Tankstelle in der Grünwalder Straße. Und Rückgänge beim Umsatz habe er auch noch nicht festgestellt. Aber eigentlich, schiebt er dann noch nach, hätten ihn die Chefs von Tamoil ohnehin angewiesen, gar nichts mehr zu sagen.

Libyens Vermögen in Deutschland

Die HEM-Tankstelle in Giesing wird indirekt vom libysche Staat kontrolliert.

(Foto: dpa)

Tatsächlich stehen die Firma Tamoil und deren Tankstellenmarke HEM seit den heftigen Gefechten in Libyen in der Kritik: Der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi soll nach Erkenntnissen der Bundesregierung über ein kompliziertes Firmengeflecht indirekt auch die Tamoil GmbH kontrollieren. 390 Tankstellen soll das Unternehmen bundesweit betreiben; die Niederlassung in Giesing hat Norbert Klier seit Februar 2011 gepachtet. Zuletzt hatte die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn die Autofahrer aufgerufen, die Tankstellen der Gruppe zu boykottieren: "Man sollte nicht mehr bei Tamoil tanken", sagte sie. Das sei zwar als Autofahrer nur ein symbolischer Akt, aber immerhin besser, als gar nichts zutun.

Nun erhöht die EU den Druck auf das Unternehmen: Die 27 Mitgliedsstaaten haben zuletzt weitere Sanktionen gegen libysche Unternehmen auf den Weg gebracht - unter anderem auch gegen die staatliche libysche Ölfirma NOC, die über verschlungene Wege Tamoil kontrolliert. Die EU will, dass Geschäftsbeziehungen von Tochterfirmen mit in Libyen gelisteten Mutterunternehmen wie der National Oil Company (NOC) künftig nicht mehr erlaubt sind.

Tamoil erklärte, man habe Maßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass den von den EU-Sanktionen betroffenen Personen und Institutionen keine finanziellen oder wirtschaftlichen Ressourcen zufließen. Die deutsche Tochter habe noch nie Gewinne oder Dividenden abgeführt, sondern das Geld in den Ausbau des deutschen Tankstellennetzes investiert. "Aus dem Umsatz der Tankstellen fließt kein Geld - weder direkt noch indirekt - an Personen oder Institutionen, gegen die sich die Sanktionen richten", erklärte Tamoil. Anders hätte es Pächter Klier wohl auch nicht ausgedrückt.

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