Kabarett:Heimspiel

Kabarett: Sepp Schauer brillierte abermals im Kubiz in der Rolle des Sepp Sturm. Begleitet wird er stets auf der Gitarre von Heinz-Josef Braun.

Sepp Schauer brillierte abermals im Kubiz in der Rolle des Sepp Sturm. Begleitet wird er stets auf der Gitarre von Heinz-Josef Braun.

(Foto: Claus Schunk)

Der Unterhachinger Schauspieler Sepp Schauer trifft im Kubiz mit der neuen Auflage des Programms "Sturmwarnung" den Nerv des Publikums

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Sollte ein Zugereister wirklich mal im Duden nachschlagen, was es eigentlich mit dem so häufig erwähnten Grant auf sich hat, dann wird er dort als Erklärung für diese bayerische Eigenart die Wörter "Übellaunigkeit " und "Unmut" finden. Das könnte dann schon das nächste Missverständnis sein. Gerecht wird diese Übersetzung dem Grant jedenfalls in keiner Weise. Vielleicht sollte der Nicht-Bayer sich besser mal in eine kabarettistische Lesung von Sepp Schauer begeben, der mit viel Witz und Charme den grantelnden Sepp Sturm verkörpert. Danach wird der "Zuagroaste" dieser bayerischen Form der Lebensbewältigung durchaus mit großem Wohlwollen gegenüber treten, ja den grantelnden Bayern geradezu sympathisch finden. Schauer formulierte es im Unterhachinger Kubiz am Freitagabend musikalisch begleitet von Heinz-Josef "Dscharli" Braun so: "Und wenn ma grantln tun, dann ist es Bavarian Smile."

Es ist mittlerweile die achte Auflage des Programms "Sturmwarnung", mit der Schauer und Braun durch die Adventszeit touren und die Texte von Corinna Binzer pointiert und lustvoll dem Publikum präsentieren. Vielen ist Schauer als Schauspieler aus dem Film "Wer früher stirbt, ist länger tot" oder der Fernsehserie "Sturm der Liebe" bekannt. Braun war früher Bassist bei Haindling. Für Schauer und Binzer ist Unterhaching ein Heimspiel. Das Paar lebt schon lange in der Gemeinde, weshalb die Autorin ausrichten ließ, wie sehr sie bedauere, diesmal im Kubiz nicht mit dabei sein zu können, da sie an diesem Abend für die Spendenaktion des Bayerischen Rundfunks tätig sei.

Dass die bayerischen Dialoge zwischen Sepp Sturm und seiner Frau Anni, dieses typischen älteren Ehepaars, auch ohne Binzer bestens funktionierten und die Leute im Saal erheiterten, lag daran, dass Schauer schon immer - also seit der Premiere im Jahr 2001 - beide Figuren gesprochen hat. Keine Frage: Die Beobachtungen des Alltagsgeschehens der Protagonisten, die in diesen Texten humorvoll zugespitzt auf den Punkt gebracht werden, treffen den Nerv der Zuschauer, die - zumeist im ähnlichen Alter wie Anni und Sepp - sich bei dem einen oder andern Lacher gedacht haben werden: Genau so ist es!

Mitunter reicht schon eine völlig banale Frage, um die Leute zu belustigen, auch weil sie sich irgendwie ertappt fühlen. Etwa: "Waren Sie schon mal mit Ihrer Frau im Baumarkt?" Jeder weiß: "Ein Baumarkt ist nicht nur ein Baumarkt. Man muss was essen, wenn man reingeht." Die Anni kaufe dort nach dem Kriterium ein "Mei schee", der Sepp wählt aus nach "Brauch mer."

Die Überlegung, was man so zum Leben braucht und was nicht, treibt die Figur Sepp Sturm diesmal vor allem mit Blick auf die zahlreichen digitalen Errungenschaften um. Das beginnt mit dem Saugroboter Roomba, den man vom Urlaub aus anrufen könne, um ihm zu sagen: "Hey Roomba, es wird Zeit, dass du mal wieder putzt." Den sie aber wieder zurückgetragen haben, weil er zu langsam geputzt hat. Oder die künstliche Intelligenz "Alexa" - "nach Anni und meinem Navi die dritte Frau". Dem "Multi-Media-Sepp" komme die nicht ins Haus. Denn das würde er sich so vorstellen: "Dann begrüßt mich eine Dose mit den Worten: Sepp, du bist 13 Minuten zu spät. Deine Frau heißt Anni und du solltest sie jetzt mit einem Bussi begrüßen." Nein, ein Smart-Home ist einem Sturm-Sepp unheimlich und eine Whatsapp-Gruppe verlässt er nach ein paar frotzelnden Kommentaren wieder, weil ihm diese Konversation zu blöd wird.

So kann er auch nie verstehen, warum ein Freund ihm erst eine Mail schreibt, dann eine SMS, dass er eine Mail geschrieben hat, dann eine Whatsapp wegen der SMS und schließlich anruft, um ihn zu fragen, ob er die Mail bekommen hat. "Früher", sagt der Sepp, "haben Mädchen Tagebuch geschrieben und waren stocksauer, wenn es jemand gelesen hat. Jetzt schreiben sie auf Facebook und sind sauer, wenn es keiner liest."

Ein Dauerthema für einen grantelnden Sepp sind natürlich die Zugereisten, die sich gedacht hatten: "Bayernland ist so schee, dass man herziehen könnt." Doch: "Wenn sie dann hier wohnen, fordern sie Sanktionen." Das Vogelgezwitscher und die Kuhglocken störten genauso wie die Gesprächsfetzen und die Gerüche vom nahen Biergarten. Und schon schalteten sie einen Anwalt ein. "Fehlt nur noch, dass das Gras zu laut wächst." Um solchen Beschwerden und der Forderung nach einer geruchlosen und ruhigen Umgebung zu begegnen, schlägt der Sturm-Sepp vor, mit dem Miet- oder Kaufvertrag der Immobilie eine Geräusch- und Duftprobe zuzuschicken. Dann könne hinterher keine Klage eingereicht werden. Ja, es ist schon zum Verzweifeln mit den Zuagroasten, das merkt man dem Sepp an. Doch so sehr er auch grantelt: So richtig bös' meint er es nie. Das merken auch die Zugereisten.

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