Kabarett:Charmantes Granteln im Advent

Unterhaching, Sepp Schauer und Corinna Binzer, Schauspieler;

Die in Unterhaching lebenden Schauspieler Corinna Binzer und Sepp Schauer sind seit 2000 ein Paar. Ihre Beziehung fließt auch in die Dialoge ein, die Binzer schreibt und Schauer szenisch vorträgt.

(Foto: Angelika Bardehle)

Corinna Binzer und Sepp Schauer präsentieren diesen Freitag die Premiere ihrer kabarettistischen Lesung "Sturm-Warnung - die Siebte". Am Sonntag wird sie in ihrem Wohnort Unterhaching gezeigt

Von Udo Watter, Unterhaching

Der Grant als spezifisch bayerische Form der Lebensbewältigung hat viele Facetten. Er reicht von der eher engherzigen Übellaunigkeit des Kleingrantlers bis zur philosophisch fundierten Bärbeißigkeit eines Großgrantlers wie Gerhard Polt. Was ihn von seinem dunklen Bruder, dem Wiener Schmäh, unterscheidet, ist vor allem, dass er weniger abgründig ist und weniger bösartig. "Man grantelt ja nur über die Sachen, die einem am Herzen liegen", sagt Corinna Binzer.

Die Schauspielerin ("Komödienstadel") und Autorin muss es wissen, denn sie hat mit der Figur des pensionierten Trambahnfahrers Sepp Sturm ein Paradeexempel des Münchner Grantlers geschaffen, der nun seit 15 Jahren schon auf bayerischen Bühnen das Leben derbleckt. Verkörpert wird er von ihrem Lebensgefährten Sepp Schauer. Er ist seit der Premiere 2001 in Grünwald der Protagonist der szenischen Lesungen "Sturm-Warnung", wobei er in diesem fiktiven bayerischen Paar-Panoptikum als Sprecher auch die Rolle von Sepp Sturms Frau Anni übernimmt. Premiere der neuesten Auflage "Sturm-Warnung - die Siebte" ist diesen Freitag, 25. November, im Theater Drehleier in Haidhausen, am Sonntag gastieren Binzer, Schauer und Heinz-Josef "Dscharli" Braun, der für die musikalischen Intermezzi sorgt, im Unterhachinger Kubiz. "Ein Heimspiel" sagt Schauer. Der gebürtige Münchner, der Mitglied der Iberl-Bühne war, in Fernsehen und Film ("Wer früher stirbt, ist länger tot") reüssierte, aber vor allem als Hotelportier Alfons Sonnbichler in der Telenovela "Sturm der Liebe" bekannt wurde, lebt seit 2000 in Unterhaching. Der 67-Jährige ist der Liebe wegen von Sendling dorthin gezogen: Binzer ist dort schon länger verwurzelt, ein Großteil ihrer Familie lebt im Münchner Vorort. Als sie vor einigen Jahren die Einführung zu einem "Sturm-Warnung"-Abend im Kubiz mit den Worten abschloss "Ich bin die Corinna und hier bin i dahoam" reagierte das Publikum mit Ovationen im Stehen. "Das war sehr emotional", sagt sie.

Ähnlich intensive, aber natürlich eher heitere Gefühlswallungen dürften Schauer und dem in Grünwald lebenden Heinz-Josef Braun (früher Bassist bei Haindling) auf der Bühne entgegenschlagen, wenn sie jetzt den siebten Teil von "Sturm-Warnung" präsentieren. Wie in vielen vorangegangenen Teilen bildet die Weihnachtszeit die erzählerische Szenerie für die grantelnden Beobachtungen und die Dialoge zwischen Sepp und Anni. Diesmal begegnen die beiden auf dem Christkindlmarkt, wo sie am Glühweinstand eines Freundes aushelfen, verschiedenen Menschen, die sie genaueren Analysen unterziehen. Was die von Binzer geschriebenen und von Schauer pointiert in schönem Münchner Timbre gelesenen Texte so beliebt macht, ist die Tatsache, dass sie die Lebenswirklichkeit eines typischen, älteren bayerischen Ehepaars treffend widerspiegeln - und dass sie auf präzisen Beobachtungen basieren.

Die feine Mundart der Stadt, die sich bei Schauer charmant entfaltet und seine Fähigkeit, Gemeinheiten en passant auszudrücken, tun ein übriges. Ein Klassiker - indes mit offensichtlicher Pointe - ist folgende Szene zwischen Sepp und Anni: Sie fühlt sich zu dick. Er versucht sie zu beruhigen. Sie sagt: "Ich schau aus wie ein Hängebauchschwein." Und er: "Nein, nein, die haben doch viel kürzere Füße." Die Gewichtsfrage dürfte zwar in Realität kein Thema für das Paar Binzer und Schauer sein, aber andere Dialoge gründen natürlich auf der alltäglichen Wirklichkeit der beiden. Es ist schön zu beobachten, wie sie liebevoll-frotzelnd miteinander umgehen, mit schalkhaftem Blick für die kleinen Schwächen des anderen. "Lieber einen Freund verloren, als einen Gag auslassen" sagt Schauer.

Manch ein Bekannter hat sich schon mal über die scharfe Zunge der beiden, die seit 2000 ein Paar sind, gewundert, doch ist zwischen ihnen bei aller Spöttelei auch immer eine große Wärme spürbar. Und das überträgt sich auch aufs Bühnenprogramm. "Ironisch, aber niemals verletzend sein", ist Binzers und Schauers Anspruch. Ihr Publikum dankt es ihnen, die Vorstellungen der kommenden Wochen sind quasi alle ausverkauft. "Manche sagen: Weihnachtszeit ohne uns, das geht nicht", freut sich Binzer. Für Schauer, der ja unter der Woche täglich für "Sturm der Liebe" dreht, eine sehr anstrengende Zeit, die er aber ob der Resonanz des Publikums liebt. Binzer empfiehlt ihm zwecks Schonung der Stimme "viel Ingwer-Tee und viele Guadln". Ein bisschen Schalk blitzt dabei aus ihren Augen.

Die Premiere von "Sturm-Warnung - die Siebte" ist diesen Freitag, 25. November, im Theater Drehleier in Haidhausen (ausverkauft). Für die Vorstellung im Unterhachinger Kubiz am Sonntag, 27. November, Beginn 19 Uhr, gibt's noch wenige Restkarten.

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