Kultur:Eine Bühne für junge Leute

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Die Möglichkeit, sich kreativ zu entfalten: Kinder bei einem Tanzprojekt in einer Haarer Tanz-und Musicalschule. (Foto: Claus Schunk)

Ein kurz vor der Pandemie gegründeter Verein in Haar fördert kreative Bildung von Kindern und Jugendlichen. Von Februar an wird ein Kulturstipendium vergeben.

Von Udo Watter, Haar

Helen Lovejoy gehört weder zu den berühmtesten noch den sympathischsten Figuren aus der stilprägenden Zechentrickserie "Die Simpsons". Die klatschsüchtige und streng konservative Frau von Reverend Tim Lovejoy ist den Fans vor allem wegen eines charakteristischen Satzes vertraut, den sie gern in Momenten der Krise theatralisch artikuliert: "Kann nicht wenigstens einmal auch jemand an die Kinder denken?!"

Bei der Jugendbühne Haar braucht man sich in der Hinsicht keine Vorwürfe zu machen. Der noch kurz vor der Pandemie gegründete Verein hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Kinder- und Jugendaktivitäten im kulturellen Bereich zu stärken. "Was wir verfolgen: Kinder- und Jugendprojekte zu unterstützen, die kulturelle Bildung zu stärken", sagt Matthias Riedel-Rüppel, der als Chef des Kleinen Theaters Haar einer der Verantwortlichen ist. Dazu gehört etwa, jungen Menschen überhaupt einen Zugang zum Theater, zur Bühne zu ermöglichen, Kreativ-Workshops anzubieten, Netzwerke aufzubauen. Die Initialzündung kam ursprünglich von Tanzpädagogin Christine Miller, die auch die Tanz- und Musicalschule "Dansation" in Haar leitet.

Während der zurückliegenden, von der Pandemie geprägten Jahre haben sich neue Ideen für Kooperationsmodelle ergeben, etwa durch der Einzug von Redmanns Münchner Märchenbühne ins Kleine Theater Haar. So wird Jochen Streicher, der künstlerische Leiter des Kindertheaters, sich auch bei der Jugendbühne Haar engagieren. Hinzu kommen an verantwortlicher Stelle noch Alexandra Boschen und Yvonne Baum. Das Projekt "Jugendbühne" soll ein Forum sein für Menschen, die sich - sei es pädagogisch oder künstlerisch - an ein Kultur-Projekt mit Jugendlichen oder Kindern wagen möchten. Im September wird es einen Workshop zum Bereich "Musical" geben, geplant ist auch einer über den Bereich "Theaterbetrieb".

Der Nachlass des Ehepaars Schneidenberger bildet den Grundstock

Bereits von diesem Februar an vergibt die Jugendbühne Haar zudem das Schneidenberger-Kulturstipendium. Es bietet Kindern und Jugendlichen, die ihren Wohnsitz in der Gemeinde haben, die Möglichkeit, eine Förderung für ihren außerschulischen Unterricht im kulturellen Bereich zu beantragen. Der Name geht zurück auf das Ehepaar Schneidenberger, aus deren Erbe der Grundstock für dieses Stipendium gelegt wurde. Der Erbe Werner Mezger hat in Andenken an seine Mutter und seinen Stiefvater dieses Stipendium ermöglicht. Er stellte eine Anfrage bei Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU), wie sich das Geld sozial verwenden lassen könnte, und über Bukowski kam die Jugendbühne ins Spiel.

Das besagte Kulturstipendium finanziert bis zu 60 Prozent der Unterrichtskosten für Kinder und Jugendliche im Bereich kreativer Ausbildung - ob Schauspiel, Tanz, Musik, Kunst - und richtet sich dabei an drei Zielgruppen: Kinder, deren Eltern einen Anfängerunterricht nicht finanzieren können; Kinder und Jugendliche, deren Unterrichtsmöglichkeit durch unerwartete Ereignisse in der Familie wie plötzliche Arbeitslosigkeit, Verlust eines Elternteils oder Trennung der Eltern nicht mehr sicher gestellt ist; und schließlich gibt es noch ein Begabten-Stipendium, für besonders talentierte Jugendliche, die gefördert werden sollen, wenn die dafür notwendigen Mehraufwendungen durch die Familien nicht alleine getragen werden können. "Ich finde es reizvoll, dass wir da auch Einzelförderungen machen können", sagt Riedel-Rüppel. Die Jugendbühne nehme dabei "selbstverständlich keinen Einfluss auf den Unterrichtsort, die Unterrichtsinhalte oder Ähnliches". Der Antrag soll auch möglichst unbürokratisch und "niederschwellig" möglich sein, wie Riedel-Rüppel betont.

Für die weitere Entwicklung der Jugendbühne strebt man zudem an, die Mitgliedschaft von Institutionen zu gewinnen, um den finanziellen Spielraum zu erweitern. Hinter allem steckt der ideelle Anspruch, die Leidenschaft und Begeisterung von Kindern und Jugendlichen auf den inspirierenden Bereich der Kultur zu lenken, sie gleichsam der Bühne zuzuführen und sie dabei von künstlerisch oder pädagogisch tätigen Menschen professionell begleiten zu lassen. Eventuell hätte da sogar Helen Lovejoy nichts mehr zu klagen.

Weitere Informationen gibt es über https://jugendbuehnehaar.de .

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