Süddeutsche Zeitung

Jugendbefragung:Und wo bringst du so deine Flaschen hin?

Unterhachings SPD will Jugendliche zu den Wertstoffcontainern befragen. Die Gemeinderatskollegen finden das unpassend.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Umfragen sind in Unterhaching derzeit sehr beliebt. Sowohl die Rathausverwaltung als auch die Kommunalpolitiker neigen mehr denn je dazu, den Leuten Fragenkataloge vorzulegen. Zuletzt wollte man von den Jugendlichen wissen, ob sie sich in Unterhaching wohlfühlen und was sie sich von ihrer Gemeinde erwarten. Die Beteiligung war äußerst mäßig. Aktuell läuft eine Umfrage zum Biomüll, bei der Teilnehmer den Jahresbeitrag der Abfallgebühren gewinnen können. Und nun wollte die SPD-Fraktion auch noch die Jugend zum Thema Wertstoffsammelstellen befragen. Eine vielleicht wirklich mal ungewöhnliche Idee. Aber nicht jeder gut gemeinte Vorschlag, findet auch Anklang. Die Gemeinderatskollegen machte dieser Antrag eher ratlos.

Glas, Papier und Verpackungen werden in den Unterhachinger Wertstoffsammelstellen in große Tonnen geworfen. Optimal läuft das dort nicht immer, die Behälter quellen oft über oder es wird Sperrmüll abgeladen, der dort nicht hingehört. Sonntags werden die Häuschen mit einem großen Tor verschlossen, um Rücksicht auf die Anwohner zu nehmen.

Das kann man sicher besser machen, dachte sich die SPD und wollte vor allem die Jugend für das Thema Abfall und Wertstoffe sensibilisieren. Vielleicht hatten die Sozialdemokraten auch die vielen leeren Flaschen und den Plastikmüll aus dem Landschaftschaftspark im Sinn, als sie ihren Antrag formulierte. SPD-Gemeinderätin Sabine Schmierl erklärte: "Wir wollen die Jugend früh mit ins Boot holen."

"Recht kapieren tue ich das nicht."

So kamen Fragen zustande wie: An welchen Tagen nutzen Sie vorwiegend die Sammelstellen? Oder: Wie erreichen Sie die Sammelstellen? Zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Auto? Man wird nun nie erfahren, wie viele 16-Jährige dienstags oder donnerstags mit dem Auto zu den Wertstoffsammelstellen fahren. Denn die Mehrheit im Gemeinderat gab CSU-Fraktionssprecher Korbinian Rausch recht, der sagte: "Meine Cousins sind in dem Alter. Wenn ich die das fragen würde, glauben sie, ich hätte den Verstand verloren. Wir sollten uns die Sinnfrage stellen. Recht kapieren tue ich das nicht."

Die Rathausverwaltung hatte zunächst wohlwollend auf den Antrag reagiert. Vor allem auch deshalb, weil sich der Arbeitsaufwand für eine kurze Umfrage über das Voting-Tool der Unterhaching-App in Grenzen gehalten hätte. "Über diesen niedrigschwelligen Zugang werden auch die jugendlichen Nutzerinnen und Nutzer erreicht und somit für das Thema sensibilisiert", hieß es aus dem Referat Betreuung und Bildung. Die Entsorgung von Wertstoffen betreffe schließlich die Familie als Ganzes. "Wir werden Ergebnisse erreichen, sie werden veröffentlicht und wir können Schlussfolgerungen ziehen", sagte Rathaussprecher Simon Hötzl. Und Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) fügte hinzu, dass ja wegen Corona derzeit keine Jugendversammlung stattfinden könne, bei der solche Themen ansonsten behandelt würden.

Überzeugt hat das aber niemanden im Gremium. "Ich gehe jede Wette ein, dass wir nicht mehr als 20 Antworten erhalten", sagte Alfons Hofstetter (Freie Wähler). Wenn er von seinen Kindern ausgehe, sei das nicht das Thema, das Jugendliche betreffe. "Es ist zwar kein großer Aufwand, aber der Erkenntnisgewinn ist gering", sagte Hofstetter. Peter Hupfauer (FDP) treibt sogar die Sorge um, dass man damit eine künftige Bereitschaft für Umfragen kaputt mache. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum man gerade die Jugendlichen herausgreift", sagte er. Aus seiner "subjektiven Beobachtung" heraus seien das nicht diejenigen, die zu den Wertstoffsammelstellen gingen. Der Gemeinderat verständigte sich nun darauf, einfach alle Unterhachinger zu den Wertstoffsammelstellen zu befragen.

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SZ vom 27.04.2021/belo
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