Jugend trainiert für Olympia:Schweigen ist Gold

Schulsportehrung 2018; Jugend trainiert für Olympia Turnmannschaft des Lise Meitner-Gymnasiums Unterhaching bei der Ehrung des Kultusministeriums

Ehrung für das Unterhachinger Team: Lehrerin Christine Franzlik, Moritz, Fabian, Pascal, Tabea, Chiara, BLSV-Präsident Günther Lommer (von links) in der Münchner Residenz.

(Foto: Kultusministerium)

Weil ganz offensichtlich zwei Zeiten verwechselt wurden, fühlt sich ein Team des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching um den Bundessieg bei Jugend trainiert für Olympia betrogen. Denn korrigiert wird der Fehler nicht.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Ist von Lise Meitner und Otto Hahn die Rede, dann geht es immer auch um die Frage der Fairness. Obwohl beide gemeinsam in Berlin bis in die späten Dreißigerjahre hinein geforscht hatten, erhielt Hahn 1944 für die Entdeckungen zur Kernspaltung allein den Nobelpreis für Chemie. Den Schülern des Unterhachinger Lise-Meitner-Gymnasiums ist diese Geschichte präsent, erinnert doch eine Tafel an der Wand des Schulhauses an die jüdische Physikerin, die sich damals im schwedischen Exil befand und bei der Preisverleihung übergangen wurde.

Nun tauchen die Namen Otto Hahn und Lise Meitner erneut auf in einer Geschichte, in der es um Ehrungen und um Gerechtigkeit geht. Das Ganze hat zwar weder etwas mit Physik und Chemie zu tun noch mit bewusster Diskriminierung, mit Fairness allerdings schon. Und die wird bekanntermaßen sonst auch im Sport ganz groß geschrieben, insbesondere wenn es um den Nachwuchs geht, etwa beim Schulwettbewerb Jugend trainiert für Olympia.

Im Geräteturnen holte ein gemischtes Team aus der Unterstufe des Lise-Meitner-Gymnasiums im vergangenen Jahr beim Bundesfinale in Berlin Silber. Für den zweiten Platz wurden Chiara, Tabea, Pascal, Fabian und Moritz kürzlich auch vom bayerischen Kultusministerium geehrt.

Am Rande der Ehrung in der Münchner Residenz wurde ein Dreivierteljahr nach dem Wettkampf aber bekannt: Eigentlich wäre das Lise-Meitner-Gymnasium Bundessieger geworden. Doch oben auf dem Podest stand in Berlin das Otto-Hahn-Gymnasium aus Karlsruhe. Die Wettkampfleitung in Berlin hatte bei der Auswertung offenbar einen Fehler gemacht, den niemand korrigieren wollte.

Der Wettbewerb soll "Fairness, Teamgeist und Einsatzfreude" vermitteln

Verstehen kann das in Unterhaching bis heute niemand. Weil Sportlehrerin Christine Franzlik, die damals in Berlin mit einem Protest nicht erfolgreich war, den Kindern die Freude über den Podestplatz nicht vermiesen wollte, hatte sie die Sache auf sich beruhen lassen. Schließlich soll der Schulwettbewerb Jugend trainiert für Olympia "positive Werte wie Fairness, Teamgeist und Einsatzfreude" vermitteln, wie es auf der Webseite des Wettbewerbs heißt.

Der Turnwettkampf setzt sich aus turnerischen und leichtathletischen Disziplinen zusammen. Zum Schluss müssen die Mädchen und Jungen eine Pendelstaffel bestreiten. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Lise-Meitner-Gymnasium und dem Otto-Hahn-Gymnasium, doch dann ließen die Karlsruher bei der Staffel den Ring fallen und kamen hinter Unterhaching ins Ziel.

Noch konnte man da aber nicht sagen, wer insgesamt gewonnen hatte, denn die Gesamtpunktzahl wird durch eine komplizierte Rechnung ermittelt. Erst nach der Siegerehrung, bei der Karlsruhe auf dem obersten Treppchen stand, bekamen die Betreuer die detaillierte Auswertung zu sehen. "Und da war klar, dass die beiden Staffelzeiten vertauscht worden waren", sagt Sportlerlehrerin Franzlik. "Wäre dieser Fehler nicht passiert, wären wir insgesamt Erster geworden", so ihre Rechnung.

Die Lehrer der Karlsruher Mannschaft hätten ihr bestätigt, dass die Zeiten vertauscht worden waren, wollten aber nichts unternehmen. Das sei halt so, habe man ihr signalisiert. Auch ein Einspruch bei der Wettkampfleitung habe nicht zu einer Korrektur des Endergebnisses geführt. Sie sei mit den Worten abgewimmelt worden, dass man da nichts mehr machen könne. "Auf meinen Einspruch wurde mir versprochen, die Wertung und den Ablauf nächstes Jahr zu verbessern", berichtet Franzlik.

Das Otto-Hahn-Gymnasium reagierte auf mehrmalige Anfrage der SZ zu diesem Geschehen nicht. Auf ihrer Webseite berichtet die Schule von dem Wettbewerb und schreibt auch vom "Ringverlust beim Staffellauf" ihres Teams.

Die Organisatoren des Wettbewerbs wollen sich zu der Sache ebenfalls nicht mehr detailliert äußern und das Ergebnis auch nicht korrigieren. Axel Fries, Vorstandsmitglied Schulsport im Deutschen Turnerbund schreibt zwar: "Wenn es zu einer falschen Zeitnahme während des Wettkampfs gekommen ist, tut uns das sehr leid".

Doch lasse sich nach der langen Zeit nicht mehr feststellen, wo genau der Fehler lag. Auch sei kein formeller Protest wegen einer falschen Zeitnahme beim Deutschen Turner-Bund oder bei der Wettkampfleitung eingegangen. "Die Einspruchsfrist ist natürlich mittlerweile auch längst abgelaufen." Damit seien sämtliche Ergebnisse der Wettkämpfe des Bundesfinales endgültig.

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