Musik:Von der Liebe zu einem verkannten Instrument

Musik: Das Hackbrett-Ensemble mit Lea-Luisa Häfner stellt das berühmte Cover des Beatles-Albums "Abbey Road" nach.

Das Hackbrett-Ensemble mit Lea-Luisa Häfner stellt das berühmte Cover des Beatles-Albums "Abbey Road" nach.

(Foto: Privat)

Mit acht Jahren hat Lea-Luisa Häfner das Hackbrett für sich entdeckt. Sieben Jahre später spielt die Grasbrunnerin so gut, dass sie mit ihrem Ensemble beim Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" die volle Punktzahl erhält.

Von Lydia Wünsch, Grasbrunn

Für Lea-Luisa Häfner bedeutet Musik zu machen weit mehr als eine Reihe von Noten zu spielen. "Das Notenlernen ist noch das Einfachste, sagt mein Lehrer immer", erzählt die 15 Jahre alte Grasbrunnerin. "Aber dann musst du mit drei weiteren Personen spielen und da beginnt die eigentliche Herausforderung, denn für die perfekte Harmonie muss man so sehr miteinander verschmelzen, dass man sogar gemeinsam atmet." Man müsse die Musik fühlen, das mache ein Ensemble aus und beim Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" den Unterschied, ob man nur gut spielt oder mit einer Höchstbewertung von 25 Punkten ausgezeichnet wird. Und genau das ist Lea-Luisa Häfner gemeinsam mit ihrem Hackbrett-Ensemble gelungen. Das Quartett, das neben ihr aus der zwölfjährigen Maria Eisner sowie Annika und Elisabet Ebel, 16 und 13, besteht, hat in Oldenburg am 7. Juni eine Glanzleistung abgeliefert.

"Die Jury war so begeistert, dass sie sich sogar einen Zwischenapplaus nicht verkneifen konnte, obwohl das eigentlich verboten ist", sagt Lea-Luisas Mutter Kristina Häfner und lacht. Gelobt habe die Jury nicht nur die perfekte Darbietung der vier jungen Mädchen, sondern auch ihre Ausstrahlung und sogar ihre gemeinsame Atmung. Sie seien eben nicht nur vier Solistinnen gewesen, sondern ein echtes Ensemble. Das Zusammenspiel sei "perfekt", absolut "konzertreif". "Diese Gruppe kann Deutschland repräsentieren", hieß es bei der Bewertung.

Auszeichnung von höchster Stelle. Darauf ist die Schülerin des Humboldt-Gymnasiums Vaterstetten zu Recht stolz. Das tägliche Üben, die hohe Konzentrationsleistung zusätzlich zu Schulstress und Sport - es hat sich ausgezahlt. Und die Freude über ihren Erfolg ist ihr im Gespräch anzusehen. Mit glänzenden Augen erzählt sie von ihrer Liebe zu einem verkannten Instrument.

Musik: Lea-Lusia Häfner hat das Hackbrett mit acht Jahren für sich entdeckt.

Lea-Lusia Häfner hat das Hackbrett mit acht Jahren für sich entdeckt.

(Foto: Claus Schunk)

Alpenländische Stubenmusik? Von wegen. Sie spielt auch John Lennon

Ein Jahr lang ist Lea-Luisa zusammen mit ihrer Mutter fast jeden Samstag nach Eggstätt an den Chiemsee gefahren, um mit den anderen drei Mädchen im Haus ihres Musiklehrers Günter Ebel zu proben. "Das war eine sehr intensive Zeit und hat uns wirklich zusammengeschweißt", sagt Lea-Luisa. "Wir sind echte Freundinnen geworden."

Aber wie kommen so junge Mädchen eigentlich dazu, ein Instrument zu spielen, das man sonst mit alpenländischer Stubenmusik verbindet, die von älteren Herren mit weißem Bart gespielt wird? Als Lea-Luisa sich in das Hackbrett verliebte, war sie acht Jahre alt - und es war Tag der offenen Tür in der Musikschule Vaterstetten. "Eigentlich wollte ich gar kein Instrument lernen. Wir waren wegen meiner Schwester dort, die sich für das Klavier interessierte", sagt sie. Aber dann sah sie Günter Ebel am Hackbrett und war sofort fasziniert von den zarten Klängen, die er mit leichten Schlagbewegungen auf die zahlreichen Saiten hervorbrachte.

Seitdem nimmt sie Unterricht bei ihm. Und von gemütlicher Stubenmusik kann dabei nicht die Rede sein. Denn Lea-Luisas Ensemble spielt anspruchsvolle Klassik oder gar moderne Stücke. Ihr preisgekröntes Programm bei "Jugend musiziert" besteht aus Georg Philip Telemanns "Konzert in D-Dur", Michael Rüggebergs "Concertino" und John Lennons "Day Tripper".

Und wenn die Mädchen mit ihren Schlägeln über die vielen Saiten huschen, um die filigranen Töne aus dem Instrument zu zaubern, wird auch schnell klar, dass dessen Name eigentlich viel zu brutal klingt. "Ich verstehe überhaupt nicht, wie das Hackbrett zu seinem Namen kommt", sagt Lea-Luisa. "Er passt einfach nicht zu der schönen Musik, die man damit spielen kann." Tatsächlich gibt es in anderen Sprachen weitaus wohlklingendere Bezeichnungen für das Instrument. Im Italienischen etwa heißt es Salterio und im Spanischen Dulcimer. "Da steckt schon im Wort dulce die Süße des Klanges", sagt auch Kristina Häfner.

Mit all diesen Vorurteilen möchte Lea-Luisa gerne aufräumen - und ihr jüngster Erfolg ist ein guter Anfang. Dabei war der Landeswettbewerb von "Jugend musiziert" das erste gemeinsame Konzert, das das junge Ensemble aus dem Chiemgau spielte.

Musik: Das Ensemble aus Annika und Elisabeth Ebel, Lea-Luisa Häfner und Maria Eisner (von links) wurde beim Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Das Ensemble aus Annika und Elisabeth Ebel, Lea-Luisa Häfner und Maria Eisner (von links) wurde beim Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

(Foto: privat)

Als Solistin nahm Lea-Luisa bereits im vergangenen Jahr bei "Jugend musiziert" teil und erlangte mit 23 Punkte den ersten Preis, aber ohne Weiterleitung zum Bundeswettbewerb. "Da hat es noch nicht ganz gereicht", sagt sie. "Aber dann fragte mich Herr Ebel, ob ich mit seinen Töchtern und seiner Nichte spielen möchte." Und dieses Ensemble harmonierte sofort. Beim Landeswettbewerb in Ingolstadt erhielten sie bereits die volle Punktzahl und beim Bundeswettbewerb konnten sie ihr Niveau halten. "Besser geht es nicht", sagt Lea-Luisa.

Und dabei hätte das Konzert in letzter Sekunde noch schief gehen können. Lea-Luisas Hackbrett sackte plötzlich ein, weil eine Seite des Ständers nachgab. Das ließ den Puls nach oben schnellen. Alle waren bereit und wollten anfangen, die Blicke waren auf sie gerichtet, während sie das Bein noch einmal festschraubte. Dann richtete sie sich auf, sah die anderen an, alle hoben ihre Schlägel, um gemeinsam einzuatmen und ihren ersten Schlag zu setzen. Und von da an lief es wie geschmiert. Die Nervosität verflog und irgendwann haben sie nur noch gespielt und natürlich ganz viel gefühlt.

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