Jazz-Festival in Oberhaching:Swing mit Bix und Sax

echoes of swing

Die "Echoes of Swing" reisen gerne zwischen den Jazzepochen.

(Foto: Veranstalter)

Die Musiker spannen im Bürgersaal beim Forstner den Bogen von Bix Beiderbecke bis zur Avantgarde.

Von Udo Watter, Oberhaching

Auch wenn er sein ganzes kurzes Erwachsenleben während der Prohibition (1920 bis 1933) verbrachte, in der Alkohol in den USA offiziell verboten war - Bix Beiderbecke war stets an seiner Fahne zu erkennen. Schwarzgebrannter Whiskey oder Gin begleiteten ihn exzessiv durch alle Tage und Nächte. Einmal soll Beiderbecke, der geniale Kornettist (und Pianist) mit dem kühlen, klaren und zugleich lyrischen Ton, besoffen neben einem Gleis aufgewacht sein - die Schuhspitzen von einem Zug abgefahren, er selber respektive seine Zehen unverletzt, da er dem Vernehmen nach zu große Schuhe trug.

So viel Glück hatte der 1903 geborene Beiderbecke, der als weißer Wunderbub mit deutschen Wurzeln eine der prägenden Figuren des klassischen Jazz-Age war und genial den Cool-Jazz vorwegnahm, nicht immer: Er starb im Alter von 28 Jahren an den Folgen seiner schweren Alkoholsucht. Der Trompeter Jimmy McPartland sagte über ihn: "Ich glaube, er trank deshalb so viel, weil er mehr in der Musik erreichen wollte, als man als einzelner Mensch nun einmal erreichen kann." Das war gleichwohl eine ganze Menge. "Er hat ein Riesenvermächtnis hinterlassen und mehr geschaffen, als andere in normalen Lebensspannen", schwärmt Bernd Lhotzky.

Der renommierte Stride-Pianist und künstlerische Leiter des Oberhachinger Jazz-Festivals freut sich ungemein, dass er dem Publikum seiner Heimatgemeinde eine ganz besondere Hommage an diese rätselhaft geniale Gestalt des frühen Jazz anbieten kann: Unter dem Motto "A Tribute to Bix Beiderbecke" wird am Donnerstag, 26. April, ein erlesenes Line-Up im Bürgersaal beim Forstner das kleine Festival im Süden von München eröffnen: das Quartett Echoes of Swing (inklusive Lhotzky selbst) sowie der Saxofonist Mulo Francel, die Posaunistin Shannon Barnett und der Schlagzeuger Pete York. Das Projekt, das sich bisher in einem hoch gelobten Doppel-Album niederschlug und live nur 2016 in Berlin zu erleben war, geht auf eine Idee von Siggi Loch, dem Gründer des Jazz-Labels ACT, zurück. "Bix war für uns alle immer wichtig", sagt Lhotzky. Entstanden sei eine ausbalancierte Sammlung eigenständiger Beiträge, die sich zu einem großen Ganzen ergänzen. Neben Neuinterpretationen von Beiderbeckes Hits stehen Eigenkompositionen in seinem Geist.

Die Kritik schwärmte über die Kombination von traditionellem Jazz und einer musikalisch erfrischenden und augenzwinkernden Überführung ins Jetzt. Dass es Lhotzky gelungen ist, alle Protagonisten des Projekts nach Berlin jetzt wieder in Oberhaching zusammenzubringen, ist bemerkenswert. "Normalerweise sind wir ja alle immer irgendwo unterwegs", sagt er, "aber da es mein Festival ist, habe ich es lange vorausplanen können."

Die Band hat die Formel gefunden, die vieles zulässt

Ums Unterwegssein in vielerlei Formen geht es im übrigen auch im allerneuesten Album der Echoes of Swing, "Travellin'": Das Quartett - neben Lhotzky noch Colin T. Dawson (Trompete, Gesang), Chris Hopkins (Altsaxofon) und Oliver Mewes (Drums) - tourt nicht nur regelmäßig quer durch die Welt, sondern quasi auch quer durch die Zeit - zurück zum klassischen Jazz der 20er bis 50er Jahre, um ihn in die Gegenwart mitzunehmen und gegenwärtig zu gestalten. Genau 20 Jahre sind die Echoes of Swing jetzt zusammen unterwegs - eine Art Jubiläum und es soll noch lange weitergehen. "Am Anfang haben wir noch gesucht und waren nah dran an den Klassikern. Aber die Band hat sich im Lauf der Zeit geöffnet. Wir haben mehr Eigenkompositionen entwickelt und die Formel gefunden, die vieles zulässt und es immer spannender macht", erklärt Lhotzky, der inzwischen mit seiner Familie in Riemerling wohnt.

shannon barnett

Posaunistin Shannon Barnett begleitet sie manchmal dabei.

(Foto: Veranstalter)

Wichtig ist neben der musikalischen Finesse, der Improvisationskunst und dem charakteristischen Bandsound in der Tat auch das augenzwinkernde Moment. "Der Humor spielt bei uns eine große Rolle. Wir machen ja keine politische Musik, sondern wollen unser Publikum in erster Linie unterhalten", so Lhotzky.

Auftritt mit dem niederländischen Trompeter Menno Daams

Er selbst wird auch am zweiten Festivaltag, dem Freitag, auftreten, zusammen mit dem niederländischen Trompeter Menno Daams. "Einer meiner Favoriten", urteilt Lhotzky, "ein unglaublich gebildeter Musiker, es ist für jeden Pianisten toll, mit ihm zusammenzuspielen." Das versierte Duo bereitet sich nicht akribisch vor, sondern wird viel improvisieren, quasi aus dem Hut spielen.

Den zweiten Teil des Abends bestreitet das Shannon Barnett Quartet. Die australische Posaunistin Barnett, jüngstes Mitglied der WDR Big Band, gilt als Ausnahmetalent, das sowohl traditionellen Jazz beherrscht als auch neugierig und virtuos am Puls der Jetzt-Zeit agiert. In Oberhaching wird sie mit ihrer Band vornehmlich der modernen, avantgardistischen Richtung Tribut zollen. "So kann man an den beiden Tagen den Jazz quasi in seiner Gesamtheit betrachten", erklärt Bernd Lhotzky. Und das Bier oder den Wein, den man vielleicht in der Pause trinkt, darf man ganz offiziell kaufen.

Die beiden Konzerte im Rahmen des Oberhachinger Jazz-Festivals am Donnerstag, 26., und Freitag, 27. April, beginnen jeweils um 20 Uhr. Es gibt noch Karten, online erhältlich über www.oberhaching.de.

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