Jahresrückblick:Mehr Raum für die Grünwalder

Grünwald, Aula des Gymnasiums, Bürgerversammlung in Corona-Zeiten,

Abgeschirmt: Bürger und Rathausmitarbeiter auf der Versammlung in der Aula des Gymnasiums.

(Foto: Angelika Bardehle)

In der Bürgerversammlung in der weitläufigen Aula des Gymnasiums haben dieses Mal vor allem die Zuhörer das Wort. Das soll auch nach der Corona-Pandemie möglichst so bleiben

Von Udo Watter, Grünwald

Die Gefahr, angesichts ausufernder Reden das nötige Konzentrationslevel zu verlieren oder gar kurz einzunicken, war für die Besucher der Grünwalder Bürgerversammlung am Dienstag gering. Zum einen entfaltete die weiträumige Aula des Gymnasiums keine allzu heimelige Atmosphäre, die meisten der knapp 60 Teilnehmer behielten ihre Jacken und Mäntel an, und gelüftet wurde zwischendurch auch immer wieder. Zum anderen fielen diesmal die üblichen Reden von Feuerwehrkommandant und Polizeichef aus (der Landrat war gar nicht erst zugegen), und Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) fasste sich aus gegebenem Anlass kurz - es war ja ohnehin bemerkenswert, dass die Versammlung ob der derzeit hohen Infektionszahlen stattfand.

Neusiedl, dessen Bericht ebenso wie derjenige der Polizei - 2020 wurden so wenig Straftaten registriert in Grünwald wie seit fünf Jahren nicht - teils schon vorab im Amtsblatt zu lesen war, beschränkte sich auf ein paar positive Resümees in puncto Straßensanierungen - ein neuer Flüsterasphalt in der Südlichen Münchner Straße wurde 2020 aufgelegt - oder gemeindlicher Wohnungsbau. "Da sind wir ein paar gute Schritte vorangekommen", so Neusiedl. Auch was die Projekte der Erdwärme Grünwald angeht, gebe es Erfreuliches. So nähmen die Bürger die Chance, sich an die geothermische Fernwärme anzuschließen, gut an. Finanziell steht die reiche Gemeinde ebenfalls gut da, auch dank hoher Rücklagen.

Der Schwerpunkt des Abends lag demnach auf der Thematisierung verschiedener Anträge, welche die Bürger eingebracht hatten und die von der Verwaltung beantwortet wurden - neben Jan Neusiedl saßen acht Rathausmitarbeiter auf dem Podium. Das dürfte im Sinne von Christian Geigle gewesen sein, der zwei Anträge formuliert hatte, die genau das generell forderten: die Anliegen der Bürger bei Bürgerversammlungen zu priorisieren und deshalb die Redezeit für den Bürgermeister und andere zu beschränken respektive die Tagesordnung umzustellen. "Wenn dann nach zwei bis drei Stunden Monologen die Anträge der Bürgerinnen und Bürger auf der Tagesordnung erscheinen, ist das Auditorium in Teilen bereits erschöpft, die ersten Besucher verlassen den Saal und die fortgeschrittene Zeit führt zu einem beschleunigten Abarbeiten der Anliegen", schrieb er. Auch wenn das mit den "Monologen" nicht ausnehmend nett formuliert war und eine kleine Spitze gegen den Bürgermeister, werden Geigles Anliegen an den Gemeinderat weitergegeben und dort behandelt werden. Auch mit Geigles Ansuchen, eine Bürgersprechstunde einzuführen, wird sich das Gremium befassen. Diese sollte dann alle zwei oder vier Wochen stattfinden. Dahinter steckt der schon häufiger geäußerte Wunsch, für die Bürger eine regelmäßige Möglichkeit zu schaffen, direkt ihre Anliegen im Rathaus, beim Bürgermeister oder dessen Stellvertreter zu artikulieren.

Zu den Klassikern der in Bürgerversammlungen angesprochenen Themen gehören frei laufende, störende Hunde. Hella Neusiedl-Hub beklagte im Kontext mit der Situation am Trimm-dich-Pfad beim Wertstoffhof Versäumnisse. Zu viele Herrchen und Frauchen nähmen ihre Tiere dort nicht an die Leine, obwohl sie dazu verpflichtet wären. Die Hunde störten nicht nur die Trimm-dich-Pfad-Benutzer, sondern würden auch Geräte mit Urin und Kot verunreinigen. Die Gemeinde könne hier auf dem Gelände im Grünwalder Forst nicht mehr tun, als die - schon mehrmals zerstörten - Hinweisschilder wieder aufzustellen ("Hunde bitte anleinen"), erklärte Fabienne Unterreiner vom Ordnungsamt, und "hoffe auf ein respektvolles Miteinander".

Angemessen respektvoll lief auch der übrige Teil des Abends ab. Angesprochen wurden noch Probleme wie die verstärkte Anbringung von E-Lade-Säulen (es wird bald sieben neue Standorte geben), die Möglichkeit, Bürgerversammlungen künftig per Livestream zu übertragen, Fragen der Verkehrsberuhigung. Dass ein Bürger die Versammlung dazu nutzte, seiner Unzufriedenheit mit der Küche in seiner gemeindlichen Wohnung Ausdruck zu verleihen, wurde von den Anwesenden indes mehrheitlich als deplatziert angesehen: "Kein öffentliches Interesse." Nach einer Stunde vierzig war's vorbei, eingeschlafen ist keiner.

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